2. Das Opfermahl der Hl. Kommunion (26.3.1983 und 29.5.1986 Loreto)

Nochmals darf ich heute abends zum Abschluss unseres eucharistischen Stundgebetes im Dom und am Beginn der großen, heiligen Woche über das allerwichtigste Mittel sprechen, das uns gegeben ist, um uns immer wieder in diesem begonnenen Jubiläumsjahr unserer Erlösung an den Erlösertod Jesu Christi zu erinnern: die Hl. Eucharistie als Mahlopfer und Opfermahl!

Das einmal blutig am Kreuz auf Golgotha vor 1950 Jahren dargebrachte Opfer, in welchem der Gottmensch Jesus Christus Opferpriester und Opfergabe zugleich war, wird auf wunderbare Weise in jeder Messfeier gegenwärtiggesetzt, wenn unter den getrennten Gestalten von Brot und Wein kraft der vom geweihten Priester gesprochenen Wandlungsworte der Leib und das Blut des Erlösers in voller Realität gegenwärtig werden und Christus geheimnisvoll hingeopfert wird als unser Opferlamm.

Dieses reine Speiseopfer der Hl. Eucharistie, durch das vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang der Name Gottes verherrlicht wird, ist bereits vom Propheten Maleachi (Malachias) genau 500 Jahre v. Christi Kreuzestod vorausgesagt worden. Christus selbst aber hat beim Letzten Abendmahl die Hl. Eucharistie nicht bloß als Mahlopfer, sondern auch als Opfermahl eingesetzt, so dass zum Opfercharakter der hl. Eucharistie ihr Mahlcharakter dazukommt.

Dabei haben wir zu beachten: Nichts hat der Herr lieber getan als das Mahlhalten mit seinen Menschenbrüdern, und zwar nicht nur mit seinen Freunden, wie in Bethanien oder in Kana beim Hochzeitsmahl, sondern auch mit reumütigen Zöllnern und Sündern, von denen er sich einladen ließ, wie von Zachäus und Matthäus. So hielt er auch das jährliche Ostermahl mit seinen Jüngern und tat es dann in feierlichster Weise im Sinn eines Abschieds- und Erinnerungsmahls vor seinem Leiden und Sterben mit dem Auftrag, dass dies seine Jünger fortan zu seinem Gedächtnis auch so halten sollten.

Die Urgemeinde aber hat sich von allem Anfang an an diesen Auftrag des Herrn gehalten und in den Häusern der Gläubigen das Brotbrechen gefeiert im Wissen um den Auftrag des Herrn: „Liebet einander, wie ich euch geliebt habe“ und teilt miteinander das Kostbarste, was ich euch zur Erinnerung an meinen Opfertod hinterlasse: meinen Opferleib und mein Opferblut, das für euch vergossen worden ist zur Vergebung der Sünden.

So heißt es von den Christen der Urgemeinde in Apg 2,42: „Sie verharrten in der Lehre der Apostel, in brüderlicher Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet...“. Man wusste: auf das Mahlopfer, in welchem immer wieder das Kreuzesopfer des Meisters gegenwärtiggesetzt wird, hat das gemeinsame Opfermahl des eucharistischen Brotbrechens zu folgen in einer würdig empfangenen Kommunion.

Voraussetzung dafür aber muss sein das Festhalten 1) an der Lehre der Apostel, also an der unverfälschten Glaubenslehre der Kirche und 2) an der brüderlichen Gemeinschaft in der Ortskirche und mit der Gesamtkirche unter dem Nachfolger Petri, dem Papst. Dann kann das eucharistische Brotbrechen unter gemeinsamem, von der Kirche gutgeheißenem liturgischem Gebet folgen. Und diese dabei hergestellte Communio des Einswerdens mit Christus und untereinander kann sich dann auch segensreich auswirken und zwar bei den einzelnen Kommunikanten in einer ständig stärkeren Wandlung der Herzen und 2) in der gesamten Kirche, die ja von der hl. Eucharistie lebt.

Hier gilt aber wieder wie vom Mahlopfer, das durch die hl. Wandlung von Brot und Wein zustande kommt, auch vom Opfermahl der hl. Kommunion, dass wir dabei den Tod des Herrn verkünden, bis er wiederkommt. So hat der Völkerapostel Paulus an die Christen von Korinth geschrieben:

„Sooft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinkt, verkündet ihr damit den Tod des Herrn, bis Er wiederkommt!“

Beachten wir dabei auch, was der hl. Paulus damals schon hinzufügen musste:

„Wer in unwürdiger Weise dieses Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt, versündigt sich am Leib und Blut des Herrn! Daher prüfe sich jeder, bevor er von dem Brot isst und aus dem Kelch trinkt. Denn wer unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt sich das Gericht hinein, weil er den Leib des Herrn (nicht von gewöhnlicher Speise) unterscheidet.... Würden wir selber mit uns ins Gericht gehen, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber vom Herrn gerichtet werden (müssen), so erleiden wir Züchtigung, damit wir nicht mit der Welt verdammt werden“ (1 Kor 11,26-32). So der hl. Paulus!

Viel zu wenig wird heute auf diese ernste Mahnung des Apostels geachtet. Heute braucht wahrlich nicht mehr zum häufigen Empfang des Opfermahls der hl. Eucharistie aufgefordert werden, wie es noch bis in die Zeit des hl. Pius X. nötig war wegen des Nachwirkens der Häresie des Jansenismus. Ein Oftkommuniondekret, wie es dieser heilige Papst der Eucharistie herausgab, wäre heute völlig überflüssig. Heute kommuniziert man – wie ich zu behaupten wage – fast zu oft.

Gewiss, ich weiß zu gut: Nach dem erklärten Willen Jesu Christi ist unser mitfeiern und mitopfern beim Mahlopfer der Hl. Eucharistie eigentlich unvollständig, wenn auf die Hl. Wandlung mit der dabei erfolgten Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers Christi nicht auch die Teilnahme am Opfermahl der hl. Kommunion folgt. Das Opfermahl lässt sich nach dem klaren Willen Christi von seinem real-mystischen Opfertod in der hl. Wandlung nicht trennen. Genauso wie der Priester das Messopfer gar nicht darbringen dürfte, wenn er dann nicht auch den Leib und das Blut des Herrn empfinge, so gilt das auch für die Gläubigen grundsätzlich: die vollkommene, ideale Mitfeier des eucharistischen Mahlopfers der hl. Messe ist nur dann gegeben, wenn man auch teilnimmt am Opfermahl der hl. Kommunion. Und man hat mit Recht behauptet: Eine hl. Messe ohne Kommunion sei wie ein goldener Ring, aus dem der Edelstein herausgebrochen worden ist. Gewiss, der Ring behält seinen Goldwert, aber es fehlt ihm der kostbare Edelstein. Gewiss behält das Opfer Jesu Christi in der hl. Eucharistie seinen unschätzbaren Wert, aber es fehlt ihm doch die eigentliche Vollendung, wenn die würdige Kommunion fehlt. Aber es kommt dabei alles auf die Haltung und Gesinnung des Kommunikanten an. Und an dieser hat es schon damals zur Zeit des hl. Paulus in der Hafenstadt Korinth bei manchen Christen gefehlt. Darum schreibt der hl. Paulus so ernst, dass er die Art, wie manche in Korinth das eucharistische Opfermahl empfangen, nicht loben könne, sondern tadeln müsse, denn „wenn ihr am gemeinsamen Ort zusammenkommt, ist es (oft) nicht mehr das Essen des Herrenmahls. Da nimmt ja (bei euch) jeder beim Essen (nur) sein eigenes Mahl ein, und den einen hungert, während der andere schlemmt. Habt ihr denn keine Häuser, um zu essen und zu trinken? Oder liegt euch nichts an der Gemeinde Gottes? Und wollt ihr die Armen beschämen? Was soll ich euch da sagen? Soll ich euch für dieses euer Verhalten etwa loben? Nein, darin kann ich euch nicht loben“ (1 Kor 11,20-22)

Und wir könnten heute zu manchen Kommunikanten sagen: Darin kann man euch nicht loben, wenn ihr eure Hand aufhaltet, wie um ein Stücklein Brot in Empfang zu nehmen und keinen rechten Glauben habt, dass es hier nicht um ein Stück Brot, sondern um den wahren, wirklichen Leib des Gottmenschen Jesus Christus geht!

Und wir könnten heute zu manchen Kommunikanten sagen: Darin kann man euch nicht loben, wenn ihr jahrelang im Zustand der Todsünde, etwa des Ehebruchs oder der Feindschaft miteinander lebt und dann ohne vorausgehende Beichte und Bekehrung mit den übrigen an den Tisch des Herrn herantretet!

(So hat es beispielsweise ein Pfarrer gewagt, zwei Gläubige in seiner Pfarre, Mann und Frau, an der Kommunionbank zu übergehen, weil sie schon jahrelang in wilder Ehe zusammenleben und dieses ihr Verhältnis trotz mehrmaliger Aufforderung des Seelsorgers nicht in Ordnung bringen, obwohl für den Empfang des Sakramentes der Ehe kein Hindernis vorliegt. Dieser Pfarrer tat eigentlich nichts anderes, als was der hl. Paulus damals jenen Christen in Korinth gegenüber tat).

Man kann verstehen, wenn Papst Johannes Paul II. dem Kölner Erzbischof Kardinal Höffner gegenüber klagte, dass „ziemlich oft alle Teilnehmer an der Eucharistiefeier zur hl. Kommunion gehen, ohne ihr Gewissen geprüft zu haben“.

Vergessen wir doch nicht, dass es beim Empfang des eucharistischen Opfermahls nicht bloß auf die äußere Ehrfurcht diesem „Geheimnis des Glaubens“ gegenüber ankommt, sondern auch auf die innere Gesinnung und Disposition zu der das Freisein von schwerer Sünde, der rechte Glaube an dieses wunderbare Geheimnis und die rechte Bereitschaft dazugehören muss mit Christus durch die Gnade und mit den Brüdern in echter Liebe verbunden zu sein.

Fast möchte man meinen, es sei in unserer Zeit mit der nur einstündigen eucharistischen Nüchternheit und mit weiteren gewährten Erleichterungen der Kommunionempfang beinahe zu sehr erleichtert worden, so dass gar manchen das nötige Gespür abhanden kam, dass es hier um unsagbar Großes und Heiliges geht, so sehr, dass einst – vor der Spendung der hl. Kommunion – der Diakon in die gottesdienstliche Gemeinde hineinrufen musste: „Sancta sancte!“ Zu Deutsch: das Heilige, das Heiligste muss auch heilig behandelt und empfangen werden! Das klang so ganz ähnlich wie jene sehr harten Worte, die unser Herr einmal bei Mt 7,6 gesprochen hat:

„Gebt das Heilige nicht den Hunden preis und werft nicht eure Perlen den Schweinen hin: sie könnten sie sonst mit ihren Füßen zertreten und sich umkehren und euch zerreißen!“ Wovon soll denn dieses Wort Jesu Christi versanden werden, wenn nicht mindestens auch von der kostbarsten Perle, die der Kirche und den Priestern anvertraut ist: die Hl. Eucharistie mit dem wahren Leib und kostbaren Blut unseres Herrn?

Vom jugendlichen Kommunionspender Tarsicius, der in der äußersten Not der Christenverfolgung beauftragt worden war, den Leib des Herrn zu gefangenen Mitchristen zu bringen und der auf dem Weg dorthin – von ungläubigen Mordgesellen überfallen und erschlagen wurde, heißt es in der ihm vom Hl. Papst Damasus gewidmeten Grabinschrift in den Calistuskatakomben in Rom: „Der wütende Pöbel drängte den hl. Tarsicius, der das Sakrament Christi trug, es den Unheiligen preiszugeben. Er aber wollte lieber unter Schlägen sein Leben verlieren, als die himmlischen Glieder des Herrn den wütenden Hunden auszuliefern“.

Brüder und Schwestern im Herrn! Das eucharistische Stundgebet in unserer Domkirche sollte uns diesmal zu Beginn des heiligen Jubiläumsjahres unserer Erlösung wieder einmal an den Opfercharakter und Mahlcharakter der Hl. Eucharistie erinnern und uns wieder das ins Gedächtnis rufen, dass wir nicht bloß alle 50 oder alle 100 Jahre, sondern täglich im eucharistischen Mahlopfer und Opfermahl den Erlösertod des Herrn verkünden und seine Auferstehung preisen, bis Er wiederkommt in Herrlichkeit. Möge er uns alle einmal bei seinem Wiederkommen zum Gericht nicht verurteilen müssen wegen unseres mangelnden Glaubens, wegen unserer Ehrfurchtslosigkeit und sakrilegischen Haltung beim Feiern des eucharistischen Mahlopferns und beim Empfangen des eucharistischen Opfermahls, sondern möge Er uns alle dann einladen und aufnehmen zum ewigen, ewig seligen Hochzeitsmahl im Himmel, Amen.