14. Sonntag im Jahreskreis – C

gehalten in St. M. Loreto am 3.7.1977

 

Am letzten Sonntag war von der Jüngerberufung die Rede: "Komm, folge mir nach!"

Heute ist von der Aussendung der 70 Jünger die Rede.

Wer sendet sie aus? Der Herr - der Kyrios

Er hat sie erwählt, wie er die 12 Apostel erwählt hatte. Von allen, die der Herr zu seiner Nachfolge beruft und dann aussendet, gilt: "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern Ich habe euch erwählt, damit ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe.“

Wozu sendet der Herr die 12 Apostel und nun die 70 Jünger aus?

Um seine Frohbotschaft zu verkünden! Aber auch und zu allererst, um seine Herolde und Wegbereiter zu sein. Es heißt im Text: "Er sandte sie zu zweien voraus in alle Städte und Dörfer, in die Er selbst kommen wollte".

Er selbst will überall dorthin kommen in diese Städte und Dörfer. Sie aber, die 12 Apostel und die 70 Jünger sollen sein Kommen ankündigen, sollen die Menschen auf sein Kommen einstimmen und vorbereiten. Er selbst will kommen. Die Apostel und Jünger sind immer nur die Vorausboten, die Herolde, die Wegbereiter des Herrn. Das gilt für alle, die der Herr in seine Nachfolge und in seine Jüngerschaft beruft und aussendet. Es geht nie um den Jünger selbst, immer um den Herrn. Es geht nie um die Privatmeinu

ngen und Privatansichten der betreffenden Abgesandten, sondern um die Lehre, um die Frohbotschaft dessen, der sie ausgesandt hat. Das versessen heute leider gar manchmal die Prediger und Katecheten, die ihre eigenen Ansichten, Meinungen und Zweifel auf die Kanzel bringen. Privatmeinungen aber interessieren die Menschen nicht. Nur das, was ihnen der Kyrios, der Herr zu sagen hat, das interessiert sie und nur das ist für sie von Bedeutung und dient ihrem Heil!

Schauen wir uns auch noch die Zahl der Ausgesandten an: 12 und 70, 12 Apostel und 70 andere Jünger. Warum gerade diese Zahlen? Es hat das alles tiefe Bedeutung und nichts ist bedeutungslos bei dem, was der Herr getan hat!

12 Apostel? Warum? Wir wissen: Das alttestamentliche Gottesvolk bestand aus 12 Stämmen gemäß den 12 Söhnen des Patriarchen Jakob. Das neutestamentliche Gottesvolk soll auf den 12 Aposteln aufgebaut sein und so gleichsam auch aus 12 Stämmen bestehen. Es soll eben die Fortsetzung und Vollendung des alttestamentlichen Bundesvolkes sein im neuen und ewigen Bund, den Gott mit der Menschheit in seinem menschgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Sohn geschlossen und besiegelt hat mit dessen kostbarem Blut. Wie Moses das Blut des geschlachteten und geopferten Tieres auf die 12 Vertreter der 12 Stämme Israels gesprengt hat mit den Worten: „Das ist das Blut des Bundes, den Gott mit euch (hier am Sinaigebirge) geschlossen hat!“ So hat Jesus Christus als der Anführer des neutestamentlichen Gottesvolkes den Neuen und Ewigen Bund geschlossen, als er beim Letzten Abendmahl - von den 12 Aposteln umgeben - den Kelch mit dem in sein Blut verwandelten Wein kreisen ließ mit den Worten: "Nehmet hin und trinket alle daraus. Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes in Meinem Blute, das für euch und die vielen vergossen wird zur Vergebung der Sünden!“

Woher kommt nun die Zahl 70 für die übrigen Jünger, die der Herr erwählt und ausgesandt hat? Auch das hat seine tiefe Bedeutung: Nach biblischer Auffassung, wie sie im 10. Kapitel des 1. Buches Moses (Genesis) klar zum Ausdruck kommt, gab es außer dem alttestamentlichen Bundesvolk Israel noch 70 nichtjüdische Völker. Durch die Sendung der 70 Jünger soll gleichsam die Frohbotschaft Jesu Christi zu den 70 übriger Völkern der Erde, d.h. zu allen Völkern der Welt gebracht werden. Darum dann der Auftrag Jesu vor seiner Himmelfahrt: "Geht hinaus in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie... und lehret sie alles halten, was Ich euch befohlen habe!"

Unter der Voraussetzung, dass die Frohbotschaft Jesu in alle Städte und Dörfer, in die der Herr selber mit seiner Gnade, mit seinem Frieden, mit seinem Heil kommen will, hineingetragen werden soll, ist nun die Zahl der Arbeiter viel zu klein. So gilt es zu bitten, dass Gott weitere Jünger berufe. - Der Herr verbindet die Feststellung, dass der Arbeiter nur wenige sind im Vergleich zur gestellten Aufgabe, noch mit dem Gedanken der Ernte. Wenn die Ernte reif ist, darf nicht gezögert werden mit dem Heimholen der Ernte, sonst verdirbt sie draußen auf den Feldern. Darum lautet die Bitte, die an Gott gerichtet werden soll: Herr der Ernte, schicke Arbeiter für deine Ernte!

Und weil die Ernte reif ist und darum nicht gezögert werden darf mit dem Heimholen der Ernte, darum folgt im Evangelium nun aus dem Munde des Herrn der Befehl, der Imperativ: "Geht!" "Ite, missa est!" Geht, eure Sendung hat begonnen! (NB: Missa – missio – Mission – Sendung in alle Welt)

Aber der Herr sagt nicht, dass diese Aussendung eine Aussendung zum Wohlleben und zur Bequemlichkeit sein wird, nein, er schenkt ihnen klaren Wein ein und sagt ihnen: Die Situation, in die ihr hineingesandt werdet, ist menschlich gesprochen eine aussichtslose Situation: "Ihr müsst wissen: Ihr seid wie Schafe, die ich mitten unter die Wölfe sende!" Wahrlich, menschlich gesprochen eine aussichtslose Situation: Schafe unter Wölfen. Da gibt es doch wohl nur das Unterliegen, das Geopfertwerden, wie es das Lamm Gottes vorgemacht hat und wie es die vielen Glaubensboten, die als Martyrer gefallen sind, Christus nachgemacht haben. Aber gerade dadurch wird die Frohbotschaft Christi glaubwürdig, dass jene, die sie mitten unter Wölfen zu verkünden haben, bis zum äußersten und letzten dafür eintreten, auch mit der Hingabe ihres Lebens.

Welche Weisungen werden dann den Jüngern für ihre Aussendung noch mitgegeben? Nichts Überflüssiges mitzunehmen, sich nicht mit allem Möglichen und Unmöglichen belasten, beweglich bleiben, denn die Zeit drängt... Und dann sollen sie sich auf dem Weg nicht lange mit Begrüßungen aufhalten, immer soll sie der Sendungsauftrag, der an sie ergangen ist, weiterdrängen... Dorthin aber, wo sie mit ihrem Gruß, mit ihrem Friedensgruß Schalom hinkommen, dort soll beim Betreten des Hauses mit dem Friedensgruß auch wirklich Friede und Heil, Segen und Gnade einziehen, wie es etwa beim Gruß Mariens beim Betreten des Hauses des Zacharias und der Elisabeth der Fall war.

Zuletzt wird noch ganz knapp und kurz der wesentlichste Inhalt der Frohbotschaft, den die Jünger Jesu überall zu verkünden haben, angegeben: "Sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe!"

Das war ja die große Botschaft Jesu selbst, das war immer wieder der zentrale Gedanke, das Hauptthema all seiner Predigten: Das Reich Gottes! Es aufzurichten in den Herzen der Menschen und in den Familien und Gemeinschaften soll die große Sendungsaufgabe aller Jünger Christi im Priester- und Ordensstand, aber auch die große Aufgabe der Laien sein: Suchet zuerst das Reich Gottes! Alles andere wird euch dann dazugegeben werden!

Sorgen wir uns wieder mehr als bisher darum! Arbeiten wir mit am Reiche Gottes! Werden wir dabei nicht müde! Und sorgen wir uns für die Jünger Christi, für den Priester- und Ordensnachwuchs, also für jene, die die Verkündigung und das Mitbauen am Reich Gottes sich zur eigentlichen Lebensaufgabe gestellt haben!