13. Sonntag im Jahreskreis – C

gehalten in St. M. Loreto am 30. Juni 1974

 

Christusnachfolge und Treue im Beruf

 

Der Ruf zur Nachfolge Christi erklingt im heutigen SoEv und er erklingt hart und fordernd und radikal, keinen Aufschub duldend, alle menschlichen Rücksichtnahmen hintansetzend. Da kommen verschiedene Menschen bereiten Herzens und mit Christusbegeisterung in der Seele daher. Aber sie wagen nicht, sofort dem Ruf des Herrn zu folgen: „Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben!" Und der Herr darauf: "Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes!" Und ein anderer kommt: "Ich will dir nachfolgen, ja, Herr, aber zuvor lass mich von meiner Familie Abschied nehmen!“ Und Jesus darauf: "Keiner, der die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, taugt für das Reich Gottes!"

Wie steht das heute mit der Christusnachfolge im Priester- und Ordensberuf um des Reiches Gottes willen? So viele wären berufen. Aber es fehlt vielfach der rechte Großmut, das tapfere Sich-losreißen, das radikale Ernst-machen mit dem Ruf Gottes. Berufe, Priester- und Ordensberufe gäbe es genug! Gar kein Zweifel. Genug Berufe auch heute noch, wo solcher Priestermangel herrscht und viele weibliche Ordenskongregationen ihre Niederlassungen der Reihe nach aufgeben müssen in Krankenhäusern und Altersheimen, weil junge Menschen nicht wagen, über den eigenen Schatten zu springen und ihr kurzes Erdenleben mutig, tapfer, restlos und ganz in den Dienst Gottes zu stellen! „Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige...“

Aber ich möchte nicht weiter vom Beruf, von der Berufung reden, wie sie Gott auch heute noch in junge Menschenherzen hineinlegt, zahlreicher als wir annehmen und ahnen. Nur erstickt der Beruf und die Berufung, weil sich viele nicht mehr losreißen von irdischen Bindungen, von den Süchten ihres Herzens und es nicht mehr zustande bringen, das große Wagnis der Nachfolge Christi zu wagen, das hl. Experiment der Ganzhingabe an Christus zu versuchen.

Ich möchte noch von jenen sprechen, die wohl die Hand an den Pflug legen, dann aber umschauen, das heißt: untreu werden im hl. Beruf, sei es im Priesterberuf, sei es im Ordensberuf...

Unzählige Priester haben seit dem Ende des Konzils ihren Priesterberuf aufgegeben. Mindestens doppelt so viele Ordensschwestern haben ihr ewiges Gelübde aufgegeben. Was ist das doch für ein furchtbarer Verlust für das Reich Gottes! Man hat die Hand an den Pflug gelegt, aber dann schaut man zurück in Sehnsucht nach den Fleischtöpfen Ägyptens, d.h. in Sehnsucht nach dem, was man aufgegeben hat, worauf man großmütig verzichtet hat. Am Weihe- und Professaltar hat man Christus und seiner Braut, der Kirche, ewige Treue geschworen, nun schwört mancher Priester einer Ehefrau die Treue und bricht diese Treue ebenso schnell wieder, denn 40% der Priester, die beispielsweise in Holland geheiratet haben, sind bereits wieder geschieden, geschieden „wegen seelischer Grausamkeit“.

So öffnet man dem Ausverkauf der kostbarsten christlichen Werte Tür und Tor, wie es der bekannte Speckpater Werenfried van Straaten formuliert hat Das aber ist ein großes Unglück für die Kirche, aber nicht nur für die Kirche, sondern für die ganze Welt, weil so allmählich jedem Heroismus und vor allem der Treue auf jedem Gebiet der Abschied gegeben wird.

Wo Priester und Ordensleute nicht mehr die Treue im freiwillig erwählten ehelosen Stand und im heiligen Beruf kennen, da kann man auch von den Eheleuten nicht mehr die Treue fordern. Kein Wunder, wenn die Ehescheidungen auch bei den Katholiken immer mehr zunehmen. Und wo die Treue ganz allgemein immer schwächer und schwächer wird, da darf es dann nicht wundernehmen, wenn auch die Treue zum Glauben und zur Kirche schwächer und schwächer wird und die Zahl der Kirchenaustritte wächst und wächst.

Wir aber wollen es immer wieder ernst nehmen mit der Treue gegen Gott und sein Gebot, mit der Treue gegen Christus und seine Kirche, mit der ehelichen Treue, mit der Treue zu den Verpflichtungen im Priester- und Ordensberuf. Nicht die Hand an den Pflug legen und dann umschauen, müde werden und untreu! Wir wollen es mit Christus halten, der in der GehOffb 1,5 und 3,14 "der treue Zeuge" genannt wird und der dort zu den lau und untreu gewordenen Christen der Gemeinde von Laodicea das harte Wort spricht: "Ich kenne deine Werke: dass du weder kalt noch warm bist! Wärest du doch kalt oder warm. Weil du aber lau bist, so will ich dich ausspeien aus meinem Munde!" Möge das Christus zu keinem von uns, die wir entweder das Standessakrament der Ehe oder das Standessakrament der Priesterweihe empfangen haben oder durch ewige Gelübde im Ordensstand uns dem Herrn geweiht haben, jemals sagen müssen! Wir sind heute alle gefährdet in der Treue durch den Trend der Zeit, durch den materialistischen Geist und durch die allgemeine Opferscheu und Konsumhaltung! In jedem Menschen, in jedem Christen, in jedem Priester, in jeder Ordensfrau, in jedem Ehemann, in jeder Ehefrau steckt ein Stück Judas, der sich in uns gelegentlich rührt und zur Untat des Verrates und der Treulosigkeit schreiten möchte. Sogar ein Heiliger, der hl. Philipp Neri betete jeden Tag: "Herr, hilf du heute deinem Philippus, weil er dich sonst verraten würde!"

Nur dem Demütigen, der nie vergisst, dass er aus eigenem zu schwach ist, um standhaft und treu zu sein und der um die nötige Gnade der Beharrlichkeit und Treue betet und mit der erbetenen Gnade auch mitwirkt, wird es gelingen, wie Christus und für Christus ein treuer Zeuge zu sein im Glauben, in der Liebe, in der Ganzhingabe an Christus und seinen Dienst im Reiche Gottes! Beten wir darum, beten wir füreinander. Amen.