28. Sonntag im Jahreskreis – LJB

gehalten in St.M. Loreto am 12.10.1997

 

Die Geschichte vom reichen Jüngling im heutigen SoEv: Was sagen wir dazu? Er hat sicher sehr viel guten Willen gehabt, sonst wäre er nicht zu Christus gekommen mit der Frage: "Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erlangen?" Als ihn aber Christus dann aufforderte, seinen Reichtum aufzugeben, und Ihm, dem Heiland nachzufolgen, da hat er erbärmlich versagt. Er konnte sich von seinem Reichtum nicht trennen, er blieb daran hängen; er überhörte den Ruf Christi zur Nachfolge. Ich denke hier unwillkürlich an einen anderen reichen Jüngling, dem ein ganzes Fürstentum zur Verfügung stand: Aloisius v. Gonzaga! Auch er hörte den Ruf des Herrn, alles zu verlassen und Ihm nachzufolgen. Vieles und vieles sprachen damals gegen diesen Schritt. Aber Aloisius ließ sich von der Nachfolge Christi nicht abbringen. Er verzichtete auf alles, er wurde Bettelarm als Mitglied der Gesellschaft Jesu und es erfüllte sich an ihm die Verheißung Christi: „Wer meinetwillen alles verlässt, wird dafür das Hundertfache empfangen!“

Der reiche Jüngling im heutigen Ev und der Fürstensohn Aloisius v. Gonzaga. Wer von beiden war der Klügere. Wer von diesen beiden hat richtig gehandelt?

Ob viele heute - angesteckt vom materialistischen Wohlstandsdenken unserer Zeit – nicht doch dem reichen Jüngling im heutigen Ev rechtgeben werden mit der Bemerkung: „Wir können doch nicht alles, was wir mühsam erarbeitet und erspart haben, den Armen schenken und Christus nachfolgen. Das ist etwas für die zum Ordensstand Berufenen, aber nicht für Laien, für uns Weltchristen!“

Und doch meine ich, dass wir alle, ob Ordensleute, Priester, Laien, aus dem heutigen Ev die Konsequenzen ziehen müssten: Wir dürfen uns nicht vom Kapitalismus und Materialismus anstecken lassen und müssen alle miteinander zusehen, worauf es hier Christus zuletzt wirklich ankommt: Er hat es einmal in dem Satz zusammengefasst: „Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, alles andere wird euch dann dazugegeben!"

Auf die rechte Rangordnung und Wertordnung kommt es Christus hier an und nicht etwa auf Verachtung der lebensnotwendigen irdischen Güter und Werte. Christus verflucht nicht den Wohlstand und Reichtum, er hat aber auf seine großen Gefahren hingewiesen und hat über dem Reichen das Wehe ausgesprochen, dem der irdische, vergängliche Besitz mehr bedeutet als Gott, Seele und Ewigkeit!

Wie denkt Christus vom Reichtum und von den Reichen?

Der Herr hat diesbezüglich eine sehr klare Sprache geführt und hat mehrmals darauf hingewiesen, dass der Reichtum für den Menschen zum Fluch werden kann. Warum wohl?

1. Deshalb, weil der Reichtum oft gleichgültig macht gegen Gott und kalt und herzlos macht gegen den Mitmenschen. Der reiche Prasser im Gleichnis Jesu ist da ein warnendes Beispiel. Wohlstand und Reichtum züchten allzu leicht den Egoismus, in welchem der Mensch nur noch an den eigenen Vorteil, an den eigenen Nutzen, an die eigene Ehre denkt. Alles andere wird ihm dabei gleichgültig; er sieht nicht mehr die Not um ihn herum; er merkt nicht mehr die große Möglichkeit, anderen zu helfen und sich selbst durch Hilfsbereitschaft, Güte und Liebe echte, wahre Freude, inneren Reichtum und Verdienste für die Ewigkeit zu verschaffen.

2. Eine weitere Gefahr von Wohlstand und Reichtum ist dies, dass der Mensch so schell blind wird für das Eigentliche im Menschen und für sein Seelenheil. Der Reiche ist in großer Gefahr, kaum je daran zu denken, was dann folgt, wenn das Irdische mit seiner Pracht und Täuschung versinkt. Der irdische Reichtum hat keinen Kurswert im Himmel!

Hat nicht Jesus ausdrücklich betont: "Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber Schaden leidet an seiner Seele?"

3. Noch eine Gefahr, die der Reichtum und Wohlstand in sich schließen, dürfen wir nicht übersehen: Reichtum und Wohlstand machen so leicht anfällig für viel Böses und Schlechtes: Die Versuchung für den Reichen ist groß, zu denken "Wer hat mir etwas anzuschaffen? Ich hab doch auf Grund meines Reichtums ein Recht, mir alles zu erlauben!" Dazu kommen Schmeichler und Verführer, die dem Reichen einflüstern: "DU kannst dir doch das und das leisten!" Wie viele Reiche gibt es, die ihren Reichtum zur Sünde und zum Laster jeglicher Art verwenden und zur "dolce vita", in welchem man auch vor den hässlichsten Lastern nicht zurückschreckt.

Wenn man alle Gefahren, die der Reichtum in sich schließt, überdenkt, so versteht man schon das mehrfache Wehe unseres Herrn über die Reichen seiner Zeit und aller Zeiten: "Wehe euch, ihr Reichen; ihr habt bereits euren Trost! Wehe euch, ihr Satten, ihr werdet hungern! Wehe euch, die ihr jetzt lacht, ihr werdet trauern und weinen!" Man kann schon verstehen, was Christus im heutigen Ev sagt, dass nämlich ein Kamel leichter durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt.

Und doch - ich betone es - hat Christus nie den Reichtum selbst verflucht und verurteilt. Er wusste zu gut: So gefährlich der Reichtum für viele sein kann, er kann auch zum Segen werden, wenn der Reiche trotz seines Reichtums sich innerlich frei hält von aller Anhänglichkeit an Geld und Gut und sich nicht von Geld und Reichtum beherrschen lässt. Denn nicht das Geld ist des Menschen Feind, sondern das Kleben am Geld, das Jagen nach Geld.