22. Sonntag im Jahreskreis – LJ B

gehalten in St. M. Loreto am 31.8.1997

 

An den fünf vergangenen Sonntagen wurde uns im SoEv der Reihe nach ein Stück des 6. Kapitels des JohEv, des kostbaren Brotkapitels vorgesetzt, in welchem zuerst von der wunderbaren Brotvermehrung und dann von der noch wunderbareren eucharistischen Brotverheißung durch unsern Heiland Jesus Christus die Rede war. Wir wurden dabei wieder in die Mitte der sonntäglichen Messfeier, in das Geheimnis der hl. Eucharistie, des Himmelsbrotes, in welchem Christus selbst wahrhaft und wirklich gegenwärtig ist mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit, eingeführt und bekamen zuletzt die Mahnung mit, den Herrn nicht ungläubig zu verlassen, sondern gläubig bei ihm auszuharren wie Petrus, der auf die Frage des göttlichen Meisters: "Wollt etwa auch Ihr weggehen?" die einzig richtige Antwort gab: "Wohin sollten wir denn gehen, wenn wir von Dir weggingen? Nur du hast Worte des ewigen Lebens und wir haben erkannt und geglaubt, dass du bist Christus, der Sohn Gottes!"

Nun geht es heute in einem Abschnitt aus dem 7. Kapitel des MkEv um die rechte Tischsitte und Haltung, in der wir das Opfermahl der hl. Eucharistie einnehmen sollen.

Manche haben schlechte Tischsitten beim gewöhnlichen Mahl und manche haben sich in letzter Zeit ganz schlechte Tischsitten beim eucharistischen Opfermahl angewöhnt und es ist heute leider oft wirklich erschütternd, in welcher Haltung manche die hl. Kommunion empfangen und wir sind mit Recht entsetzt, wenn wir von manchem Missbrauch und manchem Sakrileg im Zusammenhang mit der von gewissen Seiten so warm empfohlenen Handkommunion lesen oder hören. Dabei geht es sicher nicht etwa nur um erdichtete Gräuelmärchen frommer Betschwestern, sondern um traurige Wirklichkeit. So habe ich selber zu sehen bekommen, wie in einer Kirche am Stadtrand von Salzburg in einer Kirchenbank Hostien klebten. Neulich fand man auch im Chorgestühl des Salzburger Doms eine konsekrierte Hostie. Sie kann auch nur durch jemand dort hingeworfen worden sein, der vorher die hl. Hostie durch Handkommunion empfing. In der Zeit, als nur die Mundkommunion erlaubt war, kamen sicher nicht so viele Hostienfrevel vor. Ich möchte aber doch nicht so hart über die Handkommunion aburteilen, wie es manche unter den Frommen heute tun, denn ich habe doch schon gar manche gesehen, die sehr andächtig und würdig die hl. Kommunion in die Hand empfingen und sie dann in tiefer Gläubigkeit und Frömmigkeit zum Mund führten. Zugegeben, man kann sich für die Handkommunion sicher nicht erwärmen oder gar begeistern, wenn man weiß, wie die Erlaubnis für sie dem Papst förmlich abgenötigt wurde und wie er selbst immer nur die Mundkommunion spendet. Aber ich meine trotzdem, dass manchmal doch zu hart und vielleicht sogar lieblos über die Handkommunikanten abgeurteilt wird und dass dabei allzu leicht die Haltung der Pharisäer im heutigen Evangelium eingenommen wird.

Die Pharisäer hatten um die Gebote Gottes herum einen ganzen Wald von Paragraphen und kleinlichen Vorschriften herumgepflanzt und sie schätzten diese ihre kleinlichen Vorschriften viel höher ein als die Gebote Gottes, über die sie sich in ihrer Selbstgerechtigkeit oft sehr großzügig hinwegsetzten. Nun hatten sie eines Tages beobachtet, wie die Jünger Jesu mit ungewaschenen Händen ihr bescheidenes Mahl zu sich nahmen. Das hatte die Pharisäer nicht bloß geärgert und irritiert, sondern förmlich schockiert. Mit richtiger Wut im Bauch kamen sie nun höchst aufgebracht und empört zu Christus und stellten ihn ganz hart zur Rede: "Warum halten sich Deine Jünger nicht an die Überlieferungen der Alten, sondern essen mit unreinen, ungewaschenen Händen? Man merkt, dass sie keine Kinderstube gehabt haben, diese Bauernknechte und Fischergesellen! Von solch schlechten Tischsitten Deiner Jünger muss man nicht bloß auf die Schlechtigkeit dieser Deiner Anhänger schließen, sondern auch auf Deine eigene Schlechtigkeit, wenn Du nicht einmal imstande bist, ihnen halbwegs ordentliche Tischsitten beizubringen!!

Auf diesen Vorwurf der Pharisäer reagierte nun der göttliche Heiland. Er brachte nicht etwa für seine Jünger eine Entschuldigung vor, sondern tadelte ganz hart die Pharisäer, die sich so lieblos daran gestoßen hatten, dass sich die Jünger Jesu über alte, bewährte Vorschriften und Traditionen hinweggesetzt und mit unreinen, ungewaschenen Händen gegessen hatten. Der Widerwille Jesu gegen die pharisäische Gesetzesgerechtigkeit und heuchlerische Selbstgerechtigkeit muss grenzenlos gewesen sein. Er durchschaute sie eben in ihrer Falschheit, in der sie um ihrer eigenen Überlieferungen und kleinlichen Vorschriften willen die Gebote Gottes, vor allem das Gebot der Nächstenliebe beiseite schoben. Christus fällte mit den Worten des Propheten Isaias über die Pharisäer das harte Urteil: "Sinnlos ist es, wie ihr Gott verehrt! Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an menschliche Überlieferungen!"

Dann rief Jesus das Volk zu sich und sagte: "Hört mir alle zu und begreift, was ich euch sage: Nicht das, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern nur, was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein!" Das Herz des Menschen, die Gesinnung des Menschen entscheidet! Auf Äußerlichkeiten allein — so wertvoll und wichtig sie sein mögen — kommt es wirklich nicht an. Nicht die Schlechtigkeit, die wir in der Welt feststellen, macht uns schlecht, solange wir uns nicht innerlich davon anstecken lassen! Noch weniger machen die Dinge dieser Welt, die wir gebrauchen, und die wir in Form von Speise und Trank zu uns nehmen, unser Herz schlecht. Die Dinge dieser Welt sind ja an sich gut. Gott hat eine gute Welt geschaffen und uns eine gute Welt anvertraut, damit wir uns ihrer in seinem Namen und Auftrag bedienen und uns an ihr freuen. Zu dieser von Gott gut geschaffenen Welt gehören Speise und Trank, gehört auch unser Leib, gehört auch sogar unsere Geschlechtskraft. Auch das Sexuelle, das heute so hochgespielt wird, ist an sich gut und von Gott gewollt. Die Schlechtigkeit und Bosheit steckt nicht in den Dingen. Noch weniger kommt die Schlechtigkeit von Gott. Schlechtigkeit und Bosheit werden erst dort geboren, wo unser Herz, unsere Gesinnung die Dinge dieser Welt, auch den Leib mit seiner Geschlechtskraft, in naturwidriger Weise gegen den Willen Gottes, wie er ihn in seinen Geboten kundgetan hat, missbraucht. Schlechtigkeit und Bosheit werden erst dort geboren, wo unser Herz, unsere Gesinnung das Böse, das Verkehrte, das Naturwidrige bejaht und wir gegen Gott und gegen den Sinn der Schöpfung Gottes unser Ja zum Bösen sagen. Von solcher Bosheit, die im Herzen des Menschen und aus dem Menschenherzen dann verderbenbringend herauskommt, zählt dann der göttliche Heiland einen ganzen Katalog auf. Es ist fast wie ein Beichtspiegel, in den wir mutig hineinschauen sollten. Denn er spiegelt unser Herz, bzw. das, wozu unser Herz fähig ist, wenn wir uns in pharisäischer Selbstgerechtigkeit an menschliche Satzungen und Vorschriften und nicht an die Gebote Gottes, vor allem an das doppelte Gebot der Liebe nicht halten. So sagt der Herr: "Nicht, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern nur, was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Betrug, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dies Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein". Seht, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, darauf, auf die rechte, reine, saubere Gesinnung unseres Herzens, achten wir alle viel zu wenig. In uns allen steckt leider ein Stück Pharisäer, der mehr auf die äußerlichen Überlieferungen und Vorschriften des Anstands, der Hygiene, des Brauchtums, der volkstümlichen und religiösen Traditionen und Gewohnheiten und bisher gewohnten liturgischen Vorschriften achtet, als auf die rechte, reine, saubere Gesinnung des Herzens, das ganz treu sein sollte in der Beobachtung der Gebote Gottes und glühen sollte, nicht von Hass, Schlechtigkeit und Bosheit, sondern von Gottes— und Nächstenliebe! Da sind wir nun bei den rechten Tischsitten für das eucharistische Opfermahl: Da gab es früher sehr rigoros strenge menschliche und kirchliche Vorschriften: Ich denke an die vollständige Nüchternheit von Mitternacht und andere Bestimmungen, die heute aufgehoben sind. Wenn jemand etwa beim Zähneputzen am Morgen ein paar Tropfen Wasser geschluckt hatte, war schon die eucharistische Nüchternheit gebrochen und er durfte schon nicht mehr kommunizieren. Da war dann die Vorschrift des Kniens bei der hl. Kommunion und es war vorgeschrieben, dass man vorher und nachher eine Kniebeuge machte, sicher alles aus Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten. Da war die Vorschrift, dass niemand als nur der Priester die hl. Hostie berühren durfte; dazu war die Hand des Priesters bei der Priesterweihe feierlich gesalbt worden. Und da gab es bisher die Vorschrift, dass die hl. Kommunion vom Priester in den Mund des Kommunikanten gereicht werden müsse und nicht in seine Hand usw. usw.

Heute ist vieles anders geworden auf Grund der Tatsache, die heute überstark betont wird, dass doch alle Getauften teilhaben am Priestertum Christi. Dass mit dem Wegfall all dieser Vorschriften viel Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten und viel Glaube  an die wahre Gegenwart Christi in der hl. Eucharistie abgebaut worden ist, ist leider traurige Tatsache. Wir wollen darum in Ehrfurcht festhalten an der Mundkommunion und nach Möglichkeit kniend die hl. Kommunion empfangen, ja, ganz gewiss, aber wir wollen nicht pharisäisch über die anderen aburteilen und wollen vor allem die wichtigsten und wesentlichsten Tischsitten für das eucharistische Opfermahl beachten, auf die uns heute unser Herr und Heiland hinweist. Zu allererst kommt es bei der hl. Kommunion auf die rechte Herzensgesinnung und Herzensreinheit an, vor allem auf Freiheit von schwerer Sünde. Und wer sich im Stand der Todsünde weiß, darf nicht ohne vorausgehende hl. Beichte zum Tisch des Herrn gehen! Und neben der Freiheit von schwerer Sünde kommt es vor allem darauf an, dass unser Herz glüht von Gottes— und Nächstenliebe, von echtem Verlangen nach der Vereinigung mit Christus und von tiefem Glauben an Ihn, der wahrhaft und wirklich gegenwärtig ist in der hl. Eucharistie! Nicht auf äußere menschliche und kirchliche Vorschriften und Tischsitten kommt es bei der hl. Kommunion vor allem an, sondern auf das reine, saubere, gläubige, gottverbundene und liebende Herz, das sich vor jeder pharisäischen Heuchelei und Lieblosigkeit hütet. Sonst würden wir den Vorwurf verdienen, den der Herr den Pharisäern damals gemacht hat: "Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir!" Amen.