2. Ostersonntag

Grundlage: 1. Lesung (I): Apg 2,42-47:

 

Wie sieht eine österlich gesinnte Christengemeinde aus? Das wird uns im 2. Kapitel der Apostelgeschichte am Beispiel der Urgemeinde, der Urkirche, sehr klar aufgezeigt. Es wird uns von einer vierfachen Grundverhaltensweise der an Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen Glaubenden in der Urgemeinde von Jerusalem berichtet:

Sie verharrten:

1. in der Lehre der Apostel,

2. in der Gemeinschaft

3. im Brotbrechen,

4. im Gebet.

 

Diese vier Elemente schweißten die Gläubigen damals zusammen:

1. Sie hielten fest an der Lehre der Apostel. Was die Apostel im Auftrag Christi uns gelehrt haben, daran müssen wir festhalten. Dann sind wir im rechten christlichen Glauben. Sobald wir davon abweichen, verrennen wir uns in den Irrtum. Bei allem, was uns gepredigt und verkündet wird, haben wir uns zu fragen: Ist das wirklich Lehre der Apostel? Ist das wirklich Lehre Jesu Christi, der so die Apostel unterwiesen hat? Und man fasste die wichtigsten Lehrstücke der Lehre der Apostel zusammen im apostolischen Glaubensbekenntnis. Wenn man sich doch auch heute immer wieder bei allem, was gelehrt, gepredigt und verkündet wird, fragen würde: Ist das wirklich Lehre der Apostel? Stimmt das mit dem überein, was der Nachfolger des Apostels Petrus, der Papst, lehrt und verkündet? Stimmt das mit dem überein, was die Nachfolger der Apostel, die Bischöfe, lehren und predigen? Dann und nur dann bin ich im rechten Glauben! Alles andere aber, was heute am Wort Gottes heruminterpretiert und herummanipuliert wird, ist nicht mehr die unverfälschte, unverkürzte, unaufgeweichte Offenbarungswahrheit, wie Christus und die Apostel sie verkündet haben!

2. Die Gläubigen der Urkirche verharrten auch einmütig in der Gemeinschaft: Der rechte Gemeinschaftsgeist beseelte sie; sie wussten: wir gehören alle in Christus zusammen, wir sind ja alle durch die Taufe Glieder an seinem geheimnisvollen Leib, dessen Haupt Er, Christus, selber ist. Wir haben darum zusammenzuhalten im rechten Miteinander und Füreinander, wie es eben zu einer Gemeinschaft dazugehört. Zank und Streit haben wir zurückzustellen, Meinungsverschiedenheiten haben wir in einander ertragender Liebe zu überbrücken. Jeder muss entsprechend seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten und entsprechend seiner Eigenart beitragen zum Ganzen. Und wenn es da in der Apg 2,45 heißt: "Sie hatten alles gemeinsam, sie verkauften Hab und Gut und teilten davon allen mit, jedem wie er es nötig hatte", so wird damit nicht etwa gesagt, dass die Urgemeinde in Jerusalem kommunistisch war. Es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Kommunismus und dem Geist der Urkirche: Der Kommunist sagt: Was Dein ist, ist mein! Privateigentum gibt es nicht! Der Christ der Urkirche aber sagte zum Mitchristen in echtem Gemeinschaftsgeist: Was mein ist, soll auch dein sein. Ich will mit dir redlich und selbstlos teilen, wenn du in Not bist, denn ich bin mir der großen sozialen Verantwortung bewusst, die auf dem Privateigentum liegt, und ich bin mir der Verpflichtung bewusst, die in der echten christlichen Nächstenliebe liegt: Die Liebe teilt! Die Liebe teilt vor allem mit dem Bruder in Not, weil Christus gesagt hat: Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan!

3. Sie verharrten im gemeinsamen Brotbrechen: Unter dem Brotbrechen ist hier sicher das Brechen des in der Eucharistiefeier verwandelten Brotes gemeint. Man wusste um die Tatsache, dass in der Eucharistiefeier immer wieder der gekreuzigte und auferstandene Herr mitten in der Gemeinde gegenwärtig wird, dabei dann für alle zur Speise wird und alle mit seiner Gnade und mit seinem Geist erfüllt, sodass dann jeder von sich das sagen kann, was Paulus von sich geschrieben hat: Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir! Man redete damals in der Urkirche nicht von der Sonntagspflicht, nein, es war ihnen selbstverständliches Bedürfnis, den Auftrag, den Christus beim Letzten Abendmahl erteilt hatte, ernst zu nehmen, seinen Opferleib und sein für unsere Sünden vergossenes Opferblut gegenwärtig zu setzen und zu genießen im hl. Opfermahl und dabei sich an das zu erinnern, was Christus für uns getan und gelitten hat: "Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis Du wiederkommst in Herrlichkeit!"

4. Sie verharrten einmütig auch im Gebet. Auch die täglichen Gebete waren ihnen nicht lästige Pflicht, sondern beglückender Auftrag, weil sie wussten: Im Gebet, im Zwiegespräch mit Gott, geht es nicht nur darum, Gott um Gnade und Segen anzubetteln, sondern vor allem darum, Gott zu loben und zu preisen. Das ist ja unsere größte und erste Lebensaufgabe: Verherrlichung Gottes allein und gemeinsam. Gott war den Christen der Urkirche eben nicht eine unbedeutende Randerscheinung ihres Lebens, er war für sie der Mittelpunkt ihres Sinnens und Trachtens, ihres Betens und Arbeitens, ihres Opferns und Kämpfens...

 

Und von dieser vierfachen Grundhaltung der ersten Christen: Festhalten an der Lehre der Apostel im rechten, starken Glauben, Gemeinschaftsgeist in treuem, einmütigem Zusammenstehen und Zusammenhalten, das gemeinsame Brotbrechen in der sonntäglichen Eucharistiefeier und das private und gemeinsame Gebet in der Verherrlichung Gottes, von dieser vierfachen Grundhaltung der ersten Christen wird noch ausdrücklich betont: Sie verharrten darin, d.h. doch wohl: sie hielten daran fest, sie wurden dabei nicht müde, lau und nachlässig, sie fühlten sich dabei glücklich und zufrieden und sahen darum keinen Grund, davon abzugehen, sie bemühten sich täglich neu, das alles auch wirklich ganz ernst zu nehmen und nicht zu einer sinnlosen, sinnentleerten Gewohnheit werden zu lassen.

Seht, liebe Brüder und Schwestern im Herrn, was da von der nachösterlichen Urgemeinde von Jerusalem gesagt worden ist, das müsste von jeder Pfarrgemeinde gelten, das müsste von der ganzen Kirche gelten: Festhalten an der Lehre der Apostel! Gerade jetzt, in dieser Zeit der Glaubensverwirrung und des Glaubensabfalls! Festhalten am rechten Gemeinschaftsgeist: Wir gehören zusammen, wir halten zusammen, weil Er uns eint, der das Haupt der Kirche und das Haupt jeder Gemeinde ist: Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene! Festhalten aber auch am gemeinsamen Brotbrechen, an der gemeinsam und schön gefeierten Eucharistie in der rechten Opfergemeinschaft und Mahlgemeinschaft! Und schließlich auch Festhalten am gemeinsamen Gebet miteinander, füreinander!

Wo das immer mehr verwirklicht wird, dort lebt eine Gemeinde, dort ist lebendige Kirche. Wo das aber fehlt, wo eine dieser Grundhaltungen aufgegeben wird, da zerbricht die Gemeinde, da stirbt die Kirche.

Heute klagt man oft — leider mit Recht —, dass die Kirche unglaubwürdig geworden sei, weil das Festhalten an der Lehre der Apostel, am rechten Gemeinschaftsgeist, am rechten eucharistischen Opfergeist und am rechten Gebetsgeist schwächer und schwächer geworden ist oder da und dort schon ganz aufgegeben wurde. Ganz anders war es damals: Die Urkirche war gerade darum wahrhaft glaubwürdig und missionarisch werbend, weil die anderen, die Andersgläubigen, die Ungläubigen, diese vierfache Grundhaltung an den Christen beobachteten. Und das wirkte sich dann nach außen dreifach aus, wie es uns da in diesem 2. Kapitel der Apg ebenfalls noch geschildert wird:

Die 1. Auswirkung: Alle Außenstehenden, die die junge Christengemeinde beobachteten und erlebten, wurden von Furcht ergriffen, von großer Ehrfurcht! Man zeigte ergriffen und voll Ehrfurcht mit den Fingern auf sie und sagte: "Seht, wie die einander lieben!" Furcht ergriff die Außenstehenden wohl auch deshalb, weil sie merkten, dass Gott mit diesen Christen und mit ihrer Gemeinschaft ganz offensichtlich war, denn es geschahen der Reihe nach durch die Apostel Wunder und Krankenheilungen, wie es ihnen der Herr verheißen und vorausgesagt hatte.

Die 2. Auswirkung: Das Ansehen der ersten Christengemeinde wuchs immer mehr; sie, die bisher die Verpönten, ja gehassten Anhänger des Jesus v. N. waren, wurden immer mehr geachtet und geschätzt, verehrt und geliebt. Wahrlich, die Urkirche galt nicht als unglaubwürdig, im Gegenteil, sie war glaubwürdig in ihrem Geist, in ihrer Treue zu Christus, in ihrer Vorbildlichkeit!

Die 3. Auswirkung: eine Folge der erreichten Glaubwürdigkeit: ständiger Zuwachs der Gemeinde. Täglich wurde der Kreis der Christusjünger größer und größer!

Wie aber sieht es heute aus? Die Kirche ist weithin unglaubwürdig geworden, das Ansehen der Christen wird immer kleiner, die Kirchenaustritte mehren sich in erschreckender Weise. Wo liegen die Gründe dafür? Fragen wir uns heute danach. Erforschen wir alle unser Gewissen. Und machen wir alle wieder mehr Ernst mit der vierfachen Grundhaltung, wie sie zu einer lebendigen Christengemeinde unbedingt dazugehört: Festhalten an der Lehre der Apostel und aus dem Glauben leben! Den rechten Gemeinschaftsgeist pflegen, zusammenhalten, zusammenstehen! Die hl. Eucharistie als den Zentralpunkt, den Brennpunkt des kirchlichen Lebens über alles hochschätzen! Den rechten Gebetsgeist wachhalten und wieder wachrufen!