4. Adventsonntag – A

gehalten in St. M. Loreto am 18.12.1977

 

Nachdem am vergangenen 3. Advent-Sonntag wieder Johannes d.T. als Adventbote, als Adventprediger an der Reihe war im Ev., sind heute am 4. und letzten AdvSo. das hl. Paar Maria und Josef die Adventprediger. Ohne Maria gäbe es ja nach dem Ratschluss Gottes kein Weihnachten. Sie war auserwählt, Mutter des Messias, Mutter des Sohnes Gottes zu sein. Sie hatte in Jungfräulichkeit vom Hl. Geist empfangen und der Advent ihrer neunmonatigen Erwartung war an seinem Höhepunkt angelangt. Da musste es auch jeder Außenstehende schon merken, dass sie ein Kind erwartete. Erst recht merkte es Joseph, ihr Bräutigam. Wie oft mag er sich schon Gedanken gemacht haben über den Zustand seiner Braut. Erst konnte er es wohl nicht recht glauben. Jetzt aber spürte er, dass er eine Entscheidung herbeiführen müsse in seiner seelischen Bedrängnis. Josef kann sich einfach nicht erklären, dass seine Braut ein Kind erwartet. Maria, die allein ihm hätte Aufschluss geben können, schwieg. Sie schwieg nicht aus Trotz, nicht aus Verlegenheit, sondern aus Ehrfurcht vor dem Geheimnis Gottes, dem sie alles anheimgestellt hatte. Josef suchte aber eine Erklärung und fand sie nicht. Jeder andere an seiner Stelle hätte wohl gedankenlos die nächstliegende Erklärung, die Alltagserklärung hergenommen: Sie hat halt eine schwache Stunde gehabt. Da ist es halt passiert. Nein, Josef kannte seine Braut zu gut. Und weil er sie kannte, wusste er, dass diese Erklärung bei Mariens religiös-sittlicher Einstellung absolut nicht in Frage kam. Beide mögen gehofft haben, dass Gott selbst das Geheimnis, das für Josef unerklärliche, lüften werde. Und Gott brach nun, wie uns das heutige Ev. berichtet, wirklich das Schweigen Josef gegenüber. Freilich in einer Weise, wie sie nur dem Menschen verständlich ist, der ein Gespür für die Gott eigene Art hat, der sich nichts vorschreiben lässt von uns Menschen. Gott gab dem Josef Auskunft im Traum. Ein Engel sprach zu ihm: „Fürchte dich nicht, Josef, deine Braut Maria zu dir zu nehmen. Denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Hl. Geist!" Und ein kleines, scheinbar belangloses Zeichen wird dem Josef noch gegeben. Das Kind, das Maria erwartet, wird ein Knabe sein. Sie wird einen Sohn gebären. Und Josef soll dem Knaben den Namen Jesus geben. Warum gerade Jesus? Denn er wird sein Volk erlösen von seinen Sünden! Josef soll dem Kind den Namen geben, nicht Maria. Warum gerade er, der doch mit diesem Kind rein menschlich, biologisch nichts zu tun hat? Josef soll nach dem Plane Gottes der gesetzliche Vater dieses Kindes sein, das in seine Ehe mit Maria hineingeboren wird. Vor der Weltöffentlichkeit soll er, Josef, als Vater dieses Kindes gelten, auf dass so durch Josef Jesus als Nachkomme Davids gelte, denn vom Messias war es vorhergesagt durch die Propheten, dass er aus dem Hause und Geschlechte Davids stammen werde.

Und dann wird dem Josef noch ein Beweis aus der Hl. Schrift geliefert, so als wollte Gott zu ihm sagen: Weißt du denn nicht, was ich durch den Propheten Isaias vorhersagen ließ? "Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sein Name wird sein: Immanuel, Gott mit uns!"

Das Ev. schließt dann mit dem knappen Bericht: "Als Josef aufwachte, tat er, was ihm befohlen worden war: Er nahm Maria zu sich!"

Mit anderen Worten: Josef, der vorher voller Ängste immer überlegt hatte, wie er sich von Maria, die er nicht bloßstellen wollte, in aller Stille trennen könne, hatte nun alle Bedenken überwunden, er glaubte an das Geheimnis, das sich im jungfräulichen Schoß seiner Braut vollzogen hatte, er legte alle Angst und Furcht ab und schritt in Gehorsam zur Ausführung des ihm Aufgetragenen: Fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen, denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Hl. Geist! Josef legte alle Zweifel und Bedenken ab, er glaubte.

Was lernen wir jetzt, kurz vor Weihnachten, aus diesem Evangelium? Dass es gerade beim Weihnachtsgeheimnis, beim Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes im jungfräulichen Schoß Mariens auf den Glauben ankommt, auf einen Glauben, der sich in Demut vor Gott beugt, weil Gott größer ist als unser kleiner Verstand und größer als unser Herz.

Der Glaube an die himmlische Botschaft, die sowohl Maria als auch nun Josef von einem Engel empfangen hatten, verband beide miteinander. Beide, Maria und Josef, als die an Gottes Größe, Allmacht und Liebe Glaubenden, sind die Adventprediger für uns in diesen letzten Tagen vor Weihnachten. Es kommt auf den Glauben an! Ohne Glauben lebt man total am eigentlichen Festgeheimnis von Weihnachten vorbei. Damit stehen wir mitten in der Problematik unserer Zeit, die gerade dem wirklichen Glauben gegenüber so vielfach versagt und nicht mehr bereit ist, wie Maria und Josef sich in Demut dem Wort Gottes gegenüber zu beugen und zu Gottes Geheimnissen dort und gerade dort Ja zu sagen, wo man nichts mehr begreift und versteht. Jene sind zu bedauern, die in falsch verstandener Bibelkritik durchstoßen wollen zum historischen Kern von Weihnachten und dabei meinen, Schicht um Schicht vom Weihnachtsbericht der Evangelien als mythologischer Dichtung ablösen zu müssen und nur das als wahr gelten lassen, was sie rational einsehen und begreifen und was sie für möglich halten. Jungfräuliche Empfängnis aber ist für diese Rationalisten nicht möglich, also gehört eben von den evangelischen Berichten all das als Mythos und legendäre Ausschmückung weggestrichen, was über die rein natürlichen Möglichkeiten hinausgeht. In Stolz und Überheblichkeit traut man der Allmacht und der Liebe Gottes kein Wunder mehr zu und schreibt Gott vor, wie er sich offenbaren soll und darf. Er aber hält sich nicht an die Vorschriften überheblicher, stolzer Menschen und zeigt im Gegenteil immer wieder, gerade im Weihnachtsgeheimnis, dass seine Wege nicht unsere Wege, seine Pläne nicht unsere Pläne sind. "Wie soll dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" So hat Maria den Engel Gabriel gefragt, als dieser ihr angekündigt hatte, dass sie trotz unverletzter Jungfräulichkeit Mutter des Sohnes Gottes werden solle. "Der Hl. Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten!" Das war die Antwort des Engels. Und nun gab es für Maria keinen Zweifel und kein Bedenken mehr. Sie glaubte und beugte sich in Demut vor dem unendlich großen, heiligen Gott und seinem geheimnisvollen, unbegreiflichen Heilsratschluss: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn! Mir geschehe nach deinem Wort!"

Ja, auf den Glauben daran kommt es an, dass bei Gott kein Ding unmöglich ist, dass er größer, unendlich größer ist als unser kleiner Verstand, der ihn in seinem Sein und Wesen, in seinen Plänen und Ratschlüssen niemals begreifen wird.