Erwartung Mariens
gehalten am 13.
Dezember 1994
Die Erwartung Mariens am Ende ihres Advents soll diesmal das
Thema der Predigt bei dieser adventlichen Fatima-SŸhnemesse sein.
FrŸher gab es sogar ein eigenes Fest ãMariŠ ErwartungÒ, das
am 18. Dezember, also genau 8 Tage vor Weihnachten
gefeiert wurde. (Es wird in Spanien heute noch gefeiert. Dort ist nŠmlich
dieses Fest entstanden, und zwar schon im 7. Jahrhundert.
Der heilige Bischof Ildefons von Toledo, der gro§e Verteidiger der
immerwŠhrenden JungfrŠulichkeit Mariens in jenem siebten Jahrhundert, hat es
damals angeregt und das 10.Konzil von Toledo im Jahre 656 hat es beschlossen, in
der Absicht, das Fest MariŠ VerkŸndigung zu ersetzen, wenn es, weil in die
Karwoche gefallen, nicht gefeiert werden durfte.)
Dieses Fest (MariŠ Erwartung) acht Tage vor Weihnachten
sollte dann den Christen recht ans Herz legen, die gro§e, glŸhende Sehnsucht
Mariens zu bedenken, mit der sie der Geburt ihres Kindes in den letzten Tagen
des Advents entgegensah, und die sorgfŠltige Šu§ere und innere Vorbereitung nachzuahmen, mit
der Maria sich auf die Geburt des gšttlichen Kindes einstimmte. (Ja, Ÿberdenken
wir das heute, um daraus zu lernen, wie wir uns in der Gesinnung Mariens auf
das nahe Weihnachtsfest vorbereiten
sollen.)
Werfen wir dazu zu allererst in dankbarer, glŠubiger
Ergriffenheit einen Blick auf den Zustand Mariens in den letzten Tagen ihres
Advents: Das Kind in ihrem jungfrŠulichen Scho§ war nun schon všllig ausgereift
und wartete nur noch darauf, das Licht der Welt zu erblicken. Maria war im Lauf
der letzten Wochen und Tage immer mehr zur Bundeslade geworden, die den Vollender
des Alten und des Urheber des Neuen Bundes in sich trug. Maria war in den neun
Monaten zum lebendigen Tabernakel geworden, in welchem der menschgewordene Sohn
Gottes in wahrer RealprŠsenz leibhaftig gegenwŠrtig war; sie trug jenen in
sich, von dem ihr der Engel Gabriel neun Monate zuvor in der Stunde der
VerkŸndigung gesagt hatte: ãDu wirst einen Sohn gebŠren, ihm sollst du den
Namen Jesus geben. Er wird gro§ sein und Sohn des Allerhšchsten genannt werden.
Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird Ÿber das
Haus Jakobs in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben!Ò
(Lk 1, 31ff)
Wie mag in diesen letzten Tagen ihres Advents die seligste
Jungfrau immer wieder in ihren jungfrŠulichen Scho§ hineingelauscht haben und
in festem Glauben an die Botschaft des Engels Gabriel sich immer wieder gefragt
haben: Wie wird dieses geheimnisvoll empfangene Kind aussehen? Wie wird es
beschaffen sein? Ganz Mensch und doch Gott zugleich? Und wie wird es meinen
jungfrŠulichen Scho§, in welchen bei der EmpfŠngnis kein Mann eingedrungen ist,
bei der Geburt verlassen? Wie wird dieses Kind das Licht der Welt erblicken?
Fragen Ÿber Fragen mšgen da Maria fšrmlich bestŸrmt haben. Und wie einst bei
der VerkŸndigung durch den Engel Gabriel Maria die Frage gestellt hatte: ã Wie
wird dies geschehen, da ich keinen Mann in geschlechtlicher Hingabe erkenne?Ò,
so wird sie jetzt wieder gefragt haben: Wie wird das Kind in meinem Scho§, das
sich ja schon rŸhrt und deutliche Zeichen seines Lebens von sich gibt, meinen
Scho§ verlassen, da ich keinen Mann in geschlechtlicher Hingabe erkannt habe
und Jungfrau geblieben bin und immer Jungfrau bleiben will? Das Kind i jungfrŠulichen Scho§ Mariens
wird wohl – so stelle ich es mir vor – der Mutter immer deutlicher
und vernehmbarer zugeflŸstert haben: ãSorge dich nicht, Mutter, glaube nur! Du
bleibst Jungfrau auch in der Geburt und nach der Geburt!Ò ãSelig, die du
geglaubt hastÒ, so hatte die Verwandte Elisabeth damals bei der Heimsuchung
Mariens zu ihr gesagt. Sie hŠtte es sicher auch jetzt wieder zu ihr sagen
kšnnen. Maria glaubte auch jetzt und spŸrte in diesem ihrem lebendigen Glauben
die Sehnsucht immer stŠrker werden nach dem Anblick dieses ihres von Gott auf
wunderbare Weise empfangenen Kindes, das sie in sich trug. Sie sehnte sich nach
der Stunde, da Jesus geboren werden sollte. Jede gute Mutter sehnt sich danach,
das Kind zu sehen, das Gott in ihrem Scho§ heranreifen lie§. Und die Augenblicke nach der Geburt, wenn
eine gute Mutter ihr Kind zum ersten Mal in ihren MutterhŠnden hŠlt,
entschŠdigen sie reich fŸr alle bangen Sorgen in den langen Wochen der Schwangerschaft
und fŸr die Schmerzen der Geburtswehen. Jede gute Mutter freut sich schon
darauf, das Kind ihres Scho§es nun pflegen, liebkosen, bewundern und gro§ziehen
zu dŸrfen.
(Ich denke da an eine Kollegin an der
Bundeslehrerinnenbildungsanstalt, an der ich im ersten Jahr nach dem II.
Weltkrieg als Religionslehrer tŠtig war; diese Kollegin hatte noch in etwas
vorgerŸcktem Alter geheiratet und sozusagen im letzten Abdruck bei 40 Jahren
noch ein Kind empfangen. Wie bangte sie um dieses Kind in ihrem Scho§! Wie aber
freute sie sich dann, als sie es nach der Geburt gesund in ihren Armen halten
und bewundern durfte. Nach der Taufe sagte sie zu mir, sie sei damals aus dem
Staunen nicht herausgekommen Ÿber das Wunder, das sie nach der Geburt in ihren
HŠnden hielt.)
So, nur noch viel stŠrker und intensiver mag die Sehnsucht
Mariens gewesen sein, von der ihr unbeflecktes Mutterherz erfŸllt war, ihr Kind
zu sehen, den kleinen Leib zu bewundern und zu berŸhren, den der Sohn Gottes
aus ihrem Fleisch und Blut angenommen hat, und ihn in ihren Armen halten und
liebkosen zu dŸrfen. Maria sehnte sich danach und freute sich darauf, auch wenn
sie dabei zugleich voll banger Sorge war. Sie wusste ja aus der
Engelsbotschaft, dass dieses ihr Kind der verhei§ene Messias und Erlšser sein
werde. Immanuel! Sie kannte aus den messianischen Weissagungen und Gottesknecht
Liedern des Propheten Jesaia die AnkŸndigung, dass der Messias in
stellvertretender SŸhne leiden mŸsse, um sein Volk und die ganze Menschheit zu
erlšsen von aller SŸndenschuld.
Wie mag Maria da in den letzten Tagen ihres Advents Ÿber all
das nachgedacht haben und vielleicht gar zur Erkenntnis gekommen sein, dass das
Erlšserleiden des Messias jetzt schon bei seinem Eintritt in die Welt beginne
und in seiner Selbsterniedrigung – EntŠu§erung seinen Anfang nahm.
Es ist ergreifend nachzulesen, wie unser Herr Jesus Christus
einer begnadeten Benediktiner-€btissin, der gottseligen Caecilia Baji in
Montefiascone in Italien – sie starb 1766 – Ÿber sein Leben und
Leiden schon im jungfrŠulichen Mutterscho§ Mariens Offenbarungen zuteilwerden
lie§.
(Der Heiland sagte u.a. dieser heiligmŠ§igen Ordensfrau:
ãSobald ich, das fleischgewordene ewige Wort, der eingeborene Sohn Gottes, mit
der menschlichen Natur mich vereint hatte, opferte ich mich meinem himmlischen
Vater auf. Ich bot mich an, alles zu leiden und zu ertragen, was er (zur
Erlšsung der Menschheit) bestimmt habe... Nachdem meine mit dem ewigen Wort
vereinte Seele herabgestiegen war, um in jenem engen Raum des Mutterscho§es
Mariens zu wohnen und meinen werdenden Leib zu beseelen, empfand ich in jenem
Augenblick sofort jenes Leid, das eine Person mit reifem Urteil und voller
Erkenntnis in einer solchen Wohnung und Beengung haben wŸrde. Ich war im Scho§e
meiner Mutter eingeschlossen wie alle anderen Kinder, die freilich in diesem
Zustand des Vernunftgebrauchs beraubt sind. Ich aber besa§ auf rund meiner
Gottheit jegliches Wissen und meine Seele empfand die BeŠngstigung, die eine
derartige Enge hervorzurufen vermag. Nach meiner Vereinigung mit der
menschlichen Natur betete ich zuerst meinen ewigen Vater an. Ich dankte ihm fŸr
die dem Menschengeschlecht erwiesene Wohltat, da er mich selbst, seinen
eingeborenen Sohn, zur Erlšsung den Menschen schenkte. Ich betete den Vater an
und dankte ihm im Namen aller Vernunftgeschšpfe und erklŠrte mich von nun an
als ihren Bruder. Ich beteuerte von diesem Augenblick an und dann immer wieder
im Lauf der neun Monate im Mutterscho§, dass ich alles, was ich in jedem
Augenblick meines Erdenlebens tun und erleiden werde, fŸr meine BrŸder und
Schwestern zu tun und zu erleiden beabsichtige. Nach dieser ersten Anbetung und
Danksagung bat ich meinen ewigen Vater um eine besondere Gnade fŸr meine
vielgeliebte Mutter: Sooft ich mich wŠhrend meines Weilens in ihrem
jungfrŠulichen Mutterscho§ rege, mšge sie um einen Grad in de heiligmachenden
Gnade wachsen. Diese Gnade erbat ich fŸr meine Mutter deshalb, um sie schon im
Erdenleben hundertfach dafŸr zu belohnen, dass sie mir von ihrem Fleisch und
Blut meinen Leib fŸr das Erlšsungsopfer heranbildete und mir meine PulsschlŠge
von ihrem reinsten Herzen her verschaffte. Der himmlische Vater aber wŸrdigte
sich, mir in dieser Hinsicht sein Wohlgefallen zu zeigen. Zugleich lie§ er es
meine geliebte Mutter wissen, damit sie sich umso mehr auf meine Geburt freue
und mir, ihrem geliebten Sohn, mit umso grš§erem Wohlgefallen Herberge gebe...
Aber ich empfand in der Beengung im Mutterscho§ Mariens
einerseits zwar eine unbeschreibliche BedrŠngnis, anderseits aber auch eine
unbeschreibliche Freude. Ich wusste ja, dass ich in dieser meiner Lage den
Willen meines himmlischen Vaters erfŸllte, ich weilte im Scho§ eines
Geschšpfes, das ich Ÿberaus liebte. Ich opferte meinem himmlischen Vater das
Leid, das ich im engen Mutterscho§ empfand, zur SŸhne und Genugtuung auf, fŸr
den Missbrauch der Freiheit, den so viele meiner BrŸder und Schwestern gegen
den Willen meines himmlischen Vaters sŸndhafter weise erlauben...Ò
Wenn der gšttliche Heiland dies und vieles andere noch Ÿber
sein Innenleben einer Ordensfrau geoffenbart hat, so wird er doch wohl erst
recht seiner heiligen Mutter Šhnliches und noch mehr geoffenbart haben in den
neun Monaten, vor allem in den letzten Tagen, da er noch in ihrem
jungfrŠulichen Mutterscho§ weilte.
Maria aber wird Ÿber all das sicher nachgedacht und darŸber
meditiert haben. So wuchs immer mehr ihre Bereitschaft, jetzt schon –
noch vor der Geburt Christi – mit ihrem gšttlichen Sohn im Leben und auch
im Leiden ganz eins zu sein und ihm im Erlšsungswerk zu helfen. Es wuchs dabei9
sicher auch Mariens Bereitschaft, ihrem gšttlichen Sohn bei seinem Eintritt in
die Welt das Leiden zu erleichtern und ihm mšglichst viel Freude zu bereiten.
Mit welcher Liebe und Sorgfalt mag darum Maria alles fŸr die
Stunde der Geburt vorbereitet und mit ihrem jungfrŠulichen BrŠutigam, dem hl.
Joseph, beraten haben. Die berŸhmte, wundertŠtige und hochbegnadete spanische
Ordensfrau Maria von Agreda (+1665) schildert in
ihrer ãMystischen Stadt GottesÒ, einem lesenswerten Leben der jungfrŠulichen
Gottesmutter Maria, sehr ausfŸhrlich und anschaulich, wie Maria selber die
Leinwand gewoben hat, die fŸr die erste Windel dienen sollte, und wie die
seligste Jungfrau die ganze Ausstattung fŸr das gšttliche Kind mit eigenen
HŠnden genŠht und verfertigt hat. Der hl. Joseph aber hat besonders schšn und
sorgfŠltig die Wiege gezimmert, in die das gšttliche Kind gelegt werden sollte.
Immer wieder mšgen Maria und Joseph miteinander alles besprochen und genau
geplant haben, damit des dem neugeborenen Kind recht wohl ergehe.
Dass dann der Befehl des Kaisers Augustus zur VolkszŠhlung
dazwischen kam und alle gefassten PlŠne durchkreuzte, werden Maria und Joseph
sicher schwer und bitter empfunden haben im Gedanken an die nahe Geburt des
Kindes, sie werden das dann aber sicher auch als weise Zulassung und VerfŸgung
Gottes und als dazugehšrig zum beginnenden Erlšsungswerk des Messias bejaht und
aufgeopfert haben, immer beriet, in allem den heiligsten Willen Gottes zu
erfŸllen, und im klaren Wissen, dass fŸr das gšttliche Kind die allererste
Speise sein wŸrde, den Willen dessen zu erfŸllen, der ihn im Geheimnis der
Menschwerdung auf diese Erde gesandt hatte.
Maria und Joseph
murrten sicher nicht, sondern richteten nun alles freudig fŸr die Reise
nach Bethlehem her, die fŸnf Tage dauern wŸrde.
Als der Tag und die Stunde des Aufbruchs fŸr die Reise nach Bethlehem
gekommen war, wird der hl. Joseph seiner Braut sicher versprochen haben, alles
zu tun, um ihr die Reise und dann die Stunde der Niederkunft in Bethlehem zu
erleichtern. Er bat sie instŠndig, sie mšge ihn auf alles aufmerksam machen,
was sie bei ihrem Zustand fŸr ihre Erleichterung brauche und wŸnsche und was
vor allem zum Besten des Kindes gereiche, das sie noch in ihrem jungfrŠulichen
Scho§ trug.
Maria wird sicher mit gro§er Dankbarkeit diese Bereitschaft
des hl. Joseph empfunden und die liebevoll sorgende FŸrsorge, die er ihr
entgegenbringen werde, zu allererst auf ihren bald kommenden Sohn bezogen
haben. Maria hat dabei den hl. Joseph sicher auch getršstet und ermutigt und
ihm versichert, dass Gott gewiss auf all seine Sorge um sie und ihr Kind mit
grš§tem Wohlgefallen blicke. Maria sagte sicher dem hl. Joseph, dass sie alle
Opfer und Leiden, die ihr auf der Reise abverlangt wŸrden, mit gro§em Gleichmut
und mit herzlicher Freude annehmen wolle.
Zweifellos hat der hl. Joseph fŸr die Reise ein Reittier,
einen Esel besorgt, auf dem Maia die Reise nach Bethlehem zurŸcklegen kšnne.
Auch dann wŸrde die Reise noch beschwerlich genug bleiben fŸr Maria in ihrem
Zustand.
Unvergleichlich schmerzlicher als die durch Kaiser Augustus
und seinen Erlass auferlegte MŸhsal der Reise von Nazareth nach Bethlehem war
fŸr Maia und Joseph dann der kalte, abweisende Empfang, den Bethlehem ihnen und
dem gšttlichen Kind darbot. Bei Lk 2,6 hei§t es: ãAls sie dort waren, kam fŸr
Maria die Zeit der Niederkunft. Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn,
wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein
Platz fŸr sie warÒ.
Das Wort von der ãKrippeÒ deutet an, wo Maria und Joseph bei
der Herbergsuche in Bethlehem schlie§lich ein Dach Ÿber dem Kopf und einen Raum
fanden, wo sie bleiben konnten: es war eine Hšhle, die auch Tieren bei Nacht
und Regen Schutz bot. Diese Geburtshšhle, die unsere Phantasie aus Mitleid und
BeschŠmung zugleich wenigstens zu einem Stall umgebaut hat, wird schon vom hl.
Justinus dem MŠrtyrer, der lange in PalŠstina gelebt hat, um die Mitte des 2.
Jahrhunderts bezeugt; er schreibt in einem Dialog mit dem Juden Tryphon: ãJesus
ist in einer Hšhle, nicht weit von der Stadt (Bethlehem) geboren wordenÒ.
Maria und Joseph werden nach der bitter enttŠuschenden
Herbergsuche in Bethlehem sogar mit einer gewissen Erleichterung diesen leeren,
ruhigen Raum betreten und dann gesŠubert und zuletzt aus kindlich ergebenem
Herzen Gott gedankt haben fŸr dieses bescheidenste Obdach.
Als dann aber das gšttliche Kind ohne Verletzung der
JungfrŠulichkeit seiner Mutter geboren wurde, als es dann auf dem nackten Boden
der Hšhle dalag wie ein kleiner vom Himmel gefallener Stern, als sich Maria
fragend umschaute, wo sie dieses Kleinod bergen kšnne, als sie schlie§lich Ÿber
die Krippe, eine im Gestein der Hšhle kleine Ausbuchtung und Mulde,
nachdenklich ihre Windeln breitete, als der Ochs und der Esel der Mutter
zuliebe etwas wegrŸckten von ihrem Futtertrog, und als Maria dann mit
behutsamer Hand das gšttliche Kind in diese Šu§erste Armut hineinlegte, da, ja
da werden wohl sicher der ãGebenedeiten unter den FrauenÒ mitten in der lichten
Seligkeit der Heiligen Nacht die TrŠnen aus den Augen geflossen sein und sie
wird mitten im Gloria, das drau§en auf dem Hirtenfeld die Engel angestimmt
haben, bitterlich geweint haben. Das arme Kind, die arme Mutter! Mit dem Eifer
junger MŸtter, nein, mit noch viel grš§erem Eifer hatte Maria in Nazareth
sorgfŠltigst alles fŸr die Ankunft des gšttlichen Kindes hergerichtet und jede
getroffene Vorbereitung freudig dem hl. Joseph gezeigt, wenn er abends von
seinem Tagewerk als Zimmermann heimkam. Hier in Bethlehem aber fehlte alles bis
auf die paar Windeln und bis auf die unbeschreiblich gro§e Liebe der Mutter zu
ihrem Kinde. FŸr sich selbst hŠtte Maria sicher gern jede Entbehrung erlitten.
Aber es tat ihr im tiefsten Herzen unsagbar leid wegen des Kindes, das nun in
der Krippe lag und fror und weinte. Er, der menschgewordene Sohn Gottes war, er
ist bitter arm, so bitter arm geworden wie mir je ein Menschenkind arm sein
kann. Warum tat er das wohl? Damit er der Armut den Stachel nehme und wir durch
seine Armut reich wŸrden! Maria fŸhlte ganz sicher, dass die Armut dieser
Geburt eine gro§e geheimnisvolle Bedeutung habe, dass hier ein ãZeichenÒ
vorliegen mŸsse. Der Engel drau§en auf dem Hirtenfeld hat gegenŸber den Hirten
ãdas Kind in der Krippe, in Windeln gewickeltÒ ausdrŸcklich ein ãZeichenÒ
genannt. FŸr Maria war es in einem viel tieferen und schmerzlicheren Sinn als
fŸr die Hirten ein ãZeichenÒ. Dieses Kind, dem schon bei der Geburt die
Herberge verweigert wurde, wird auch im weiteren Leben herberglos,
heimatlos bleiben: ãDie FŸchse haben ihre Hšhlen, die Všgel des Himmels ihre
Nester, der Menschensohn aber hat nichts, wohin er sein Haupt legen kšnnteÒ, so
wird der menschgewordene Wohn Gottes einst selber sagen. An der Krippe wurde
bereits als dunkler Schatten das Kreuz sichtbar! Wie Bethlehem seinen Messias
fortgewiesen hat, so wird ihm auch Jerusalem einmal zurufen: ãHinweg mit ihm!
Ans Kreuz mit ihm!Ò Jesus wurde au§erhalb der Stadt Bethlehem geboren, er
sollte auch au§erhalb der Stadt Jerusalem sterben.
ãEs war kein Platz in der HerbergeÒ, so berichtet Lukas vom
Anfang des Lebens Jesu. ã er kam in sein Eigentum, aber die seinigen nahmen ihn
nicht aufÒ, so umschreibt der Apostel Johannes das Lebensschicksal des
Gottesmenschen. Maria aber hat das alles mitgetragen, mit ertragen,
mitgelitten. Sie hat uns schon in ihrer Erwartung am Anfang und erst recht am Ende ihres
Advents vorgelebt, wie und wozu wir mit ihr und in ihrer Gesinnung durch
Glaube, Hoffnung und Liebe, vor allem aber auch durch Opferbereitschaft und
Bu§gesinnung dem Kommen des Herrn die Wege bereiten sollen. Vergessen wir das
nicht, je nŠher Weinachten kommt!
Nicht auf gro§e Geschenke, die wir zu weihnachten, zu
Ostern, am Geburts- und Namenstag einander machen, kommt es an, um sinnvoll und
schšn, froh und segensreich das Fest zu feiern, sondern auf die
Opferbereitschaft und Liebe, in der wir durch gute Werke und durch Werke der
Bu§e dem Herrn die Wege bereiten und dienen, der uns in seiner gro§en
Gerichtsrede an das Wesentliche worauf es wirklich ankommt, hingewiesen hat:
ãIch war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben.
Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben.
Ich war obdachlos und ihr habt mich aufgenommen.
Ich war nackt und ihr habt mich bekleidet...Ò
Dann werden ihm die Gerechten antworten: ãHerr, wann haben
wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben
dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich obdachlos gesehen und haben
dich aufgenommen, oder nackt und haben dich bekleidet? ... Darauf wird der
Kšnig ihnen antworten: ãAmen, ich sage euch: Was ihr einem meiner geringsten BrŸder
getan habt, das habt ihr mir selber getan!Ò (Mt 25,35 ff)
Die jungfrŠuliche Mutter konnte das wortwšrtlich ihm, dem
menschgewordenen Sohn tun: Sie hat das gšttliche Kind, als es hungerte,
ernŠhrt, sie hat es, als es dŸrstete, mit ihrer Milch gestillt – ãSelig
der Leib, der dich getragen, und die Brust, die dich gestillt hat!Ò –
Maria hat das Kind, als es nackt und blo§ das Licht der Welt erblickt hatte,
bekleidet, sie hat es, als es fremd und obdachlos in diese Welt eintrat,
aufgenommen und beherbergt.
Wir kšnnen das alles an unserem Herrn Jesus Christus nicht
wie Maria wortwšrtlich tun, aber wir kšnnen in der Gesinnung Mariens, wie sie
es uns in ihrem Advent, bei ihrer Erwartung vorgelebt hat, am Bruder in Not tun
– und solche gibt es heute Ÿbergenug, nicht blo§ im hungernden €thiopien
und in anderen LŠndern Afrikas und SŸdamerikas, sondern auch bei uns – Es
gilt das dann wie Christus selbst getan gemŠ§ seinem Wort: was ihr dem
geringsten meiner BrŸder getan habt, das habt ihr mir selbst getan!Ò
MariŠ Erwartung!
Wie sie, die jungfrŠuliche Mutter unseres Herrn die letzten
Tage ihres Advents verlebt hat, voll Sehnsucht nach ihm, in tiefem Glauben, in
starker Hoffnung, in glŸhender Liebe, mit viel Gebet und in stiller
Besinnlichkeit und vor allem durch Werke der Barmherzigkeit, so die letzten 12
Tage des Advents verbringen, dann und nur dann werden wir wirklich frohe,
gnadenreiche Weihnachten erleben.
Bitten wir zuletzt Maria, sie mšge uns helfen und durch ihre
mŸtterliche FŸrsprache bei ihrem gšttlichen Sohn diese Gnade erflehen, in ihrer
Gesinnung, in stiller, besinnlicher Sammlung, in Reinheit und Friedfertigkeiten,
in Liebe und Sehnsucht den Herrn zu erwarten.
Bringen wir unsere guten AdventvorsŠtze, die wir bisher
vielleicht nicht ernst genommen haben der Gottesmutter dar und bitten wir sie:
Mutter, hilf uns, unser Herz aufzuschlie§en fŸr unsere notleidenden BrŸder und
Schwestern, hilf uns, mit viel gutem Willen Frieden und Versšhnung zu schaffen
in unseren Ehen, Familien und Gemeinschaften, hilf uns, nicht am Šu§erlichen
weihnachtlichen Firlefanz hŠngen zu bleiben, sondern zum eigentlichen Weihnachtsgeheimnis
durchzusto§en: wachend und betend den Herrn zu erwarten, der uns zusammen mit
seiner jungfrŠulichen Mutter aus aller Not erlšsen mšchte.
(Lassen wir wenigstens bei uns selber und bei unseren
Familien nicht zu, dass sich im Advent und zu Weihnachten alles nur um
materielle Dinge, womšglich nur um Einkauf und Geschenke, um GeschŠft und
Geldbeutel dreht und daneben die Menschen nur von Zank und Streit und zuletzt
wegen MŸdigkeit vom Feiertagsteufel umgetrieben werden. Wir dŸrfen nicht zu
jenen Menschen gehšren, die – wie damals in Bethlehem vor fast 2000
Jahren – Maria mit ihrem gšttlichen Sohn, unserem Heiland und Erlšser,
drau§en vor der TŸr stehen lassen. Amen)