Die Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens

Loreto 13.6.1987

Wenn wir am heutigen Fatimatag, wieder einmal auf die Erscheinungen Mariens in Fatima zurückblicken, die besonderen Umstände überdenken, unter denen diese Erscheinungen erfolgten und die Bedeutung dieser Erscheinungen erwägen, so fällt als wichtigster und wesentlichster Punkt auf, dass es in Fatima zu einer besonders eindrucksvollen Offenbarung des Unbefleckten Herzens Mariä und zur Aufforderung gekommen ist, dieses Herz innig zu verehren und die Menschheit, ja die ganze Welt diesem Herzen zu weihen.

Bei der ersten Erscheinung verlangte die geheimnisvolle Frau Opfer und Sühne für die Beleidigungen, mit denen die Menschen undankbar das Unbefleckte Herz der Gottesmutter betrüben.

Bei der zweiten Erscheinung zeigte die geheimnisvolle Frau den Kindern ein Herz, das von Dornen umgeben war und das die Seherkinder als „das Herz Mariens, das nach Buße und Genugtuung verlangt, erkannten“.

Bei der dritten Erscheinung wiederholte Maria nicht nur ihren Wunsch nach Sühne und Genugtuung, sondern wies auch auf die Verehrung ihres Unbefleckten Herzens hin. Sie wünschte diese Verehrung besonders an den ersten Samstagen im Monat. Das könne ein Mittel sein, durch das viele Seelen gerettet und der Welt der Friede bewahrt oder wiedergegeben werden könne. Dann verlangte Maria die Weihe der Welt und speziell Russlands an ihr Unbeflecktes Herz.

Nach den Erscheinungen in Fatima im Jahre 1917 hat Maria ihre Wünsche bezüglich der Verehrung ihres Unbefleckten Herzens noch verdeutlicht der einzigen noch lebenden Seherin gegenüber: Am 10. Dezember 1925 erschien die seligste Jungfrau der Seherin Lucia: Die Gottesmutter zeigte ihr ihr Unbeflecktes Herz und sagte: „Habe Mitleid mit diesem gütigsten Herzen, das immerfort durch die menschliche Undankbarkeit gemartert wird!“ Dann fügte Maria dem noch folgendes hinzu: „Meine Tochter, siehe mein Herz, das von Dornen umgeben ist, durch die es die undankbaren Menschen jeden Augenblick mit ihren Flüchen und ihrer Undankbarkeit durchbohren. Suche wenigstens du mich zu trösten; ich meinerseits verspreche all jenen, die am ersten Samstag von fünf aufeinanderfolgenden Monaten beichten, kommunizieren, den Rosenkranz beten und mir eine Viertelstunde lang Gesellschaft leisten, indem sie die Rosenkranzgeheimnisse betrachten in der Absicht, mir dadurch Genugtuung zu leisten, in der Todesstunde mit den Gnaden beizustehen, die zu ihrem Heil erforderlich sind.“

Die Hauptbestandteile der Verehrung des Unbefleckten Herzens gemäß der Botschaft von Fatima sind demnach:

1. Das tägliche Rosenkranzgebet, das von der Gottesmutter in Fatima sechsmal ausdrücklich empfohlen wurde;

2. Die Übung der ersten Samstage als Herz-Mariä-Sühnesamstage ähnlich den ersten Monatsfreitagen als Herz-Jesu-Freitage, wobei außer der Hl. Beichte, die auch an einem anderen Tag der Woche abgelegt werden kann, die Sühnekommunion verlangt wurde und eine Viertelstunde Betrachtung über die Rosenkranzgeheimnisse in der Absicht, das Unbefleckte Herz Mariens dadurch zu ehren, zu trösten und ihm Genugtuung zu leisten.

3. Die Weihe der Welt und speziell Russlands an das Unbefleckte Herz Mariens. Diese Weihe sollte dann nicht nur von der Gesamtkirche, sondern auch von allen Diözesen, von allen Pfarreien, von allen Familien und von allen Gliedern der Kirche einzeln vorgenommen und immer wieder erneuert werden.

Papst Pius XII. hat diese Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens tatsächlich vorgenommen am Ende des Rosenkranzmonats des Jahres 1942, zum Abschluss des 25-Jahr-Jubiläums der Erscheinung Mariens in Fatima. Am 7. Juli 1952 erfüllte der Papst dann auch noch den Wunsch Mariens und weihte ihrem Unbefleckten Herzen in ganz besonderer Weise auch Russland. Vergessen wir dabei nicht, dass längst vorher schon in Zeiten lebendigen Glaubenslebens ganze Völker und Nationen der Gottesmutter geweiht worden sind. So tat es der Hl. König Stephan von Ungarn (998 – 1038), der Maria zur „Regina Hungariae“ erkor. Portugal nannte sich schon zur Zeit seines ersten Königs (1139 – 1187) ein Maria geweihtes Land; es erwählte 1646 durch ein offizielles Gesetz die Unbefleckt Empfangene von neuem und ausdrücklich zu seiner Patronin und Beschützerin. Frankreich wurde 1638 durch seinen König Maria geweiht. Das Gleiche tat Kaiser Ferdinand II. 1647 in feierlicher Form für ganz Österreich. Polen wurde 1656 von seinem König Maria geweiht. Zwei Heilige, die sich für die Weihe der Menschen, der Städte und Länder an die unbefleckt empfangene Gottesmutter ganz besonders eingesetzt haben, sind der Hl. Johannes Eudes (+1680), der große Apostel und Förderer der liturgischen Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariä, und der Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort (+1716), der Verfasser des Goldenen Buches über die vollkommene Hingabe und Weihe an Maria und durch Maria an Jesus.

Viele Menschen, auch gläubige Katholiken, können leider mit der Weihe an Maria und speziell an ihr Unbeflecktes Herz nichts anfangen. Entweder lehnen sie eine solche Weihe verständnislos völlig ab oder haben jedenfalls ganz große Bedenken dagegen, sogar religiöse, theologische Bedenken.

Sogar Priester und Theologieprofessoren meinen, wir könnten uns doch eigentlich nur Gott weihen, das aber sei ja in der Hl. Taufe geschehen. Dem göttlichen Herzen Jesu hat uns die ganze Welt Papst Leo XIII. an der Jahrhundertwende von 1899 zum Jahr 1900 geweiht; und das war recht so. Aber mit der Weihe an das Herz Mariens könnten sie nichts anfangen. Da sehe ich eigentlich gar keine besonderen Schwierigkeiten. Schaut doch, wie ich mir diese Weihe an Maria und ihr unbeflecktes Herz vorstelle: Das kleine Kind, wenn es sich von lauter Gefahren umgeben sieht, schreit nach der Mutter, läuft zur Mutter hin, versteckt sich ganz verschreckt im Kittel der Mutter und sagt unter Tränen: „Mutter, ich brauch dich, hilf mir!“ – Wollte Papst Pius XII. mit der Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens nicht das Gleiche sagen? Mutter, wir brauchen dich! Hilf uns“ Wir sind doch deine Kinder! Lass uns doch nicht im Stich in all den furchtbaren Gefahren dieser Zeit.

Lassen auch wir uns das heute, an diesem Dreizehnten im 22. Jahr des österr. Staatsvertrages, der durch den Rosenkranzsühnekreuzzug erbetet worden ist, und dem 70. seit den Erscheinungen Marias in Fatima, wieder einmal durch den Kopf gehen, was es um die Weihe an Maria, an ihr Unbeflecktes Herz ist.

1. Ich möchte da zuerst die geschichtliche Tatsache aufzeigen, dass unser Volk und Land, unsere Erzdiözese Salzburg längst schon der Gottesmutter geweiht ist: Der Glaubensbote unseres Landes, der Hl. Rupertus, wird manchmal dargestellt mit dem Altöttinger Gnadenbild. Man führte nämlich eine Zeitlang die Entstehung des Marienwallfahrtsortes Altötting, des größten und gnadenreichsten des süddeutschen Raumes, auf den Hl. Rupertus zurück. Er habe, so erzählte man sich, die holzgeschnitzte, später bei einem Brand schwarz gewordene Marienstatue aus seiner fränkischen Heimat nach Bayern mitgebracht und in Altötting, wo er einen Sohn des Bayernherzogs Theodo getauft hatte, im Oktogon eines ursprünglich heidnischen Tempels zur Verehrung aufgestellt.

Was ist an dieser Legende Wahres daran? Es ist schwer zu entscheiden. Heute steht wohl geschichtlich fest, dass das Gnadenbild Mariens in Altötting erst aus dem 13. Oder 14. Jahrhundert stammen kann und dass die Marienwallfahrt in Altötting höchstens erst im 15. Jahrhundert richtig begonnen hat und nicht schon zur Zeit des Hl. Rupertus.

Und doch hat die Legende, die den Hl. Rupertus zum Urheber des großen süddeutschen Marienheiligtums und zum Überbringer des marianischen Gnadenbildes macht, sehr viel für sich. Denn das ist ganz sicher geschichtliche Tatsache, dass Rupertus mit der Botschaft vom Heiland und Erlöser Jesus Christus auch die Botschaft von Christi jungfräulicher Mutter hierhergebracht hat.

Im Reiche der Franken, von wo Rupertus zu uns kam, blühte damals, in der Kindheit und Jugend des Hl. Rupertus, die Verehrung Mariens; und der fränkische Dichter Venantius Fortunatus (um 600) ist mit seinem Gedicht „Zum Lob der Jungfrau Maria“ Zeuge dafür, wie die Verehrung der Gebenedeiten unter den Frauen den bekehrten Germanenvölkern sehr schnell ganz besonders lieb und teuer geworden ist. In diesem Gedicht spricht dieser Dichter Venantius Fortunatus Maria, die jungfräuliche Gottesmutter, u.a. so an: „O du heilige Jungfrau, gebärend hast du Ihn uns geschenkt, der jetzt besonne dieses einst finstere Land!“

Diese Liebe zu Maria brachte Rupertus mit in unser Land. Er stellte die neu gegründete Diözese und das neu bekehrte Volk von allem Anfang an unter den besonderen Schutz der Gottesmutter. Ich habe diese Tatsache in einer alten Festpredigt über den Hl. Rupertus sehr sinnvoll so ausgesprochen gefunden:

„Der große Apostel unseres Landes hat das ganze Werk der Bekehrung unseres Volkes unter die Obhut der Himmelskönigin gestellt, Maria an den Taufbrunnen unseres Volkes hingeführt und sie zur Taufpatin des neu bekehrten Volkes gemacht!“

Das ist ein trefflicher Vergleich: Getauft wurden wir alle wie unser ganzes Volk selbstverständlich nicht auf den Namen Mariens, sondern auf den Namen des dreifaltigen Gottes. Sein Eigentum wurden wir in der Hl. Taufe für immer und ewig. Maria aber war damals bei diesem Taufakt die Taufpatin. Die Taufpatin hat die Verantwortung, dass das Patenkind, der Täufling, dem christlichen Glauben treu bleibt und danach lebt. Maria, die Taufpatin unseres Volkes seit den Tagen des Hl. Rupertus, hat bisher dafür gesorgt und wird, so hoffen wir, auch weiter dafür sorgen, dass unser Volk ihrem göttlichen Sohn Jesus Christus treu bleibt. Das Volk aber hat herauf durch die Jahrhunderte seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Maria, seine Zugehörigkeit zu Maria anerkannt, es hat Maria geliebt und verehrt, ihr Bild aufgestellt und geschmückt, sie angerufen in aller Drangsal und Not. Es weihte sich Maria. Und es weihte viele seiner Kirchen Maria. Bald schon nach Rupertus waren, wie der berühmte Indiculus Arnonis, das Güterverzeichnis des ersten Salzburger Erzbischofs Arno um 790 bezeugt, eine Reihe von Kirche all überall im Lande der Schönsten der Frauen geweiht. Und in diesen Kirchen stand das Bild Mariens. Das ist keine bloß schöne Annahme und Vermutung, sondern geschichtlich bezeugte Tatsache. Ein Beispiel dafür:

Der selige Alkuin, der berühmte Hoftheologe und Unterrichtsminister Karls des Großen besuchte um 800 in Salzburg seinen Freund Arno, den ersten Salzburger Erzbischof. Der selige Arno wird damals seinem Freund, dem seligen Alkuin den heute 1200jährigen, damals erst 25jährigen herrlichen vom Hl. Virgil erbauten Dom gezeigt haben. Alkuin bewunderte diesen virgilianischen Dom, seine Größe und Harmonie. Besonderen Eindruck aber machte auf ihn, dass in diesem Dom in ganz selbstverständlicher, wahrhaft katholischer Weise ein Ehrenplatz in der Verehrung neben Christus auch der seligsten Jungfrau Maria eingeräumt war. Und Alkuin schrieb nach der Besichtigung des Domes in sein Fahrtenbuch die folgenden Verse, die aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt so lauten:

„Dieses Gotteshaus ist für die anderen Kirchen des Landes gleichsam die Mutter. – Darum wird in ihm zusammen mit Christus auch die jungfräuliche Mutter des Gottkönigs Christus verehrt. – Sie möge – so flehen wir – immer und überall die Herde Christi in diesem Land kraft ihrer frommen Fürbitte vor dem Feinde beschützen!“

Ist da nicht überaus sinnvoll die Weihe unseres Volkes und Landes an Maria schon in der allersten christlichen Ära unserer Geschichte bezeugt?

Vom Dom ging der selige Alkuin, dieser große Gelehrte und Dichter, mit seinem Freund, dem seligen Arno, dann auch noch hinüber nach St. Peter. Hier fand er wieder einen schönen Marienaltar vor. Und für diesen Marienaltar in St. Peter verfasste Alkuin eine Inschrift, die trotz der Kürze staunenswerte Tiefe verrät. Zu Deutsch lautet diese lateinische Inschrift so: „Mit deiner Fürbitte hilf den Dienern des ewigen Königs, Jungfrau, du gütige, die du Königin bist vom Nordpol zum Südpol. Deinem Namen ist ja seit je dieser Altar geweiht. Trauriges halte fern von uns, Glückhaftes beschere uns!“

Eine ganze Theologie über unsere Weihe an Maria steckt in diesen Versen aus dem Jahre 800 über den Marienaltar in der Peterskirche zu Salzburg. Und ein solcher Marienaltar stand, wie im virgilianischen Salzburger Dom sicher auch in allen anderen, damals freilich noch nicht sehr zahlreichen Kirchen ringsum in unserem Lande. So ist es geblieben herauf durch die Jahrhunderte. Salzburg als katholisches Land ist ein Marienland: In allen seinen Kirchen gilt nach dem dreifaltigen Gott und dem Gottmenschen Jesus Christus der Ehrenplatz Maria! Keine Kirche gibt es darum wohl, in der nicht ein Marienaltar oder mindestens ein Marienbild steht, um dem gläubigen Volk dieses Landes immer wieder zu sagen: Wie Christus durch Maria zu euch Menschen kommen wollte, so will er, dass alle durch Maria zu ihm und durch ihn zum Vater kommen!

Wie aber nennt der selige Alkuin Maria in seinen Versen? Welche Titel gibt er ihr? Er nennt sie zuerst „Virgo Die Christi mater“: Jungfräuliche Gottesmutter Christi. „Das ist Maria. Das ist ihre höchste Würde, aus der alle ihre andren Gnadenprivilegien, vor allem das ihrer Anfangsbegnadigung in der Unbefleckten Empfängnis und das ihrer Endbegnadigung in ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel am Ende ihres Erdenlebens, heraus gewachsen sind. Und dann nennt der selige Alkuin Maria Regina, Königin, Regina polorum, Königin der Pole, Königin vom Nordpol zum Südpol. Es ist das eine Formulierung, wie ich sie in der ganzen Tradition sonst nirgendwo für Maria gefunden habe. Ein großartiges Bild ist das: Maria, Königin der Pole! Dort, wo - bildlich gesprochen – die Erdkugel an den Enden ihrer Achse ins Universum hinausgehängt ist, um dann um sich selbst und um die Sonne zu kreisen, da ist Maria Königin, weil die ganze Welt und jedes Menschenherz ihr geweiht gehört. Mariens Königtum erstreckt sich vom Norden zum Süden durch alle Zonen und Breiten der Welt, sie ist die Regina mundi, die Königin der Welt, wie sie die Königin aller Herzen, die auf dieser Erde schlagen, sein möchte.

Und wie schon um 800 in unserem Lande Kirchen und Altäre Maria geweiht waren, so begann man damals auch schon bestimmte Tage Maria zu weihen. Bald schon wurden die Feste Mariens fromm und freudig vom gläubigen Volk begangen, wie die Salzburger Synodalstatuten vom Jahre 799 bezeugen. Die Marienliebe und Marienverehrung entfaltete sich in unserem Lande immer mehr und fand schließlich auch in der Kunst ihren Ausdruck, angefangen von der Marienpoesie des Mönchs von Salzburg, dessen Mariengedichte jetzt erst von einem Assistenten der Universität im Druck herausgegeben worden sind, bis hin zu Mozarts zweifachen „Regina coeli (K. 108, 276) und seinen zwei komponierten Lauretanischen Litaneien (K. 109 u. 195).

All das ist ja schließlich nur feines Echo jenes ersten Ave Maria, das Rupertus auf den Trümmern der alten Römerstadt Juvavum gebetet hat in Erfüllung der Prophetie der demütigen Magd des Herrn: „Siehe, von nun an werden mich seligpreisen alle Geschlechter!“

Was Rupertus am Anfang unserer Diözesangeschichte getan hat, das wiederholten und bekräftigten Erzbischof Sigismund Waitz und Andreas Rohracher, als sie in der schweren Zeit des II. Weltkriegs unser Volk und Land Maria und ihrem unbefleckten Herzen weihten.

2. Wir aber wollen dieser unserer Weihe an Maria und ihr Unbeflecktes Herz immer wieder Geltung verschaffen und ihr den rechten Sinn und Inhalt geben.

Was ist denn Sinn und Inhalt unserer Weihe an Maria und ihr Unbeflecktes Herz?

Es soll durch diese Weihe in keiner Weise der Gottmensch Jesus Christus entthront werden. Der dreifaltige Gott und der menschgewordene Sohn Gottes Jesus Christus sind es, denen wir zu eigen gegeben, übergeben und geweiht worden sind in der Hl. Taufe. Weihe an Maria aber will besagen, dass wir sie als unsere himmlische Taufpatin, als unsere Zieh- und Pflegemutter anerkennen und gelten lassen. Weihe an Maria, das ist gleichsam das Flüchten des Kindes zur Mutter, das Rufen des Kindes zur Mutter in allen Gefahren, Versuchungen, Schwierigkeiten und Sorgen: Mutter, ich brauche dich! Mutter, verlass mich nicht!

Ja, mit der Weihe an Maria wollen wir ihr sagen: Mutter ich brauche dich, ich stelle mich ganz und gar unter deinen Schutzmantel, so wie wir es in jenem Marienlied aus der schweren Zeit des 30jährigen Krieges singen, das in unseren Landen entstanden ist: „Maria, breit‘ den Mantel aus, mach schirm und Schutz für uns daraus! Lass uns darunter sicher stehn‘ bis alle Stürm vorübergehn‘. Patronin voller Güte, uns allezeit behüte!“

Mit der Weihe an Maria wollen wir ihr sagen: Mutter, wir brauchen deine Fürsprache am Throne Gottes, wir brauchen diene Hilfe, wir brauchen dien Vorbild, wir brauchen dien Ideal strahlender, leuchtender Reinheit und Schönheit! Mutter, wir brauchen dich!

Um das zu verstehen, was mit der Weihe an Maria und ihr Unbeflecktes Herz gemeint ist, brauchen wir uns nur ein kleines Kind ansehen: es kennt nicht Wert oder Unwert der Dinge, es täuscht sich leicht und wird leicht getäuscht. Ein Kind lässt sich leicht wertloses Zeug aufschwätzen und würde ohne Bedenken einen Millionenscheck für einen Hampelmann oder Teddybären hergeben. Der Hampelmann und der Teddybär sind ja viel lustiger als ein Stück bedrucktes Papier und wäre es auch ein Millionenscheck. – Ein Kind torkelt ahnungslos in größte Gefahren, ein Kind ist ja unerfahren und hilflos, wenn kein mütterliches Herz für das Kind schlägt, muss es zugrunde gehen. Aus eigenem kommt es mit dem Leben und seinen Schwierigkeiten nicht zurecht. Es braucht jemanden, der es behütet, unterweist und in das Leben einführt. Dabei würde dem Kind ein ganzes Professorenkollegium mit all seiner Gelehrtheit nichts nützen. Es braucht ein mütterli9ches Herz. Nur ein solches bringt die Liebe, Güte, Hilfsbereitschaft und Geduld auf, einem solch kleinen, unbeholfenen Wesen alles in Geduld richtig zu erklären und es vor allen Gefahren zu schützen.

Nun seht, liebe Brüder und Schwestern in Christus, auch für den reifen, erwachsenen Menschen gibt es Lebensbezirke, in denen er zumeist, bei aller Mündigkeit, die er sich selber zuschreibt, doch recht hilflos, dumm und unerfahren wie ein Kind ist: wie ein Kind leicht getäuscht wird und sich so leicht wertloses Zeug aufschwätzen lässt und Wertvolles abschwätzen lässt, so ist es leider auf religiös-sittlichem Gebiet oft auch bei uns Erwachsenen. Da benehmen wir uns oft wirklich wie dumme Kinder. Ich meine, der Teufel lacht sich oft verächtlich ins Fäustchen, wie man so sagt, weil wir oft gar zu schnell und leicht auf seine Versuchungen und Einflüsterungen hereinfallen und bereitwilligst das göttliche Leben der Gnade und den wahren, unverfälschten Glauben, dieses kostbarste Erbe seit Ruperti Zeiten, preisgeben für im Grunde höchst minderwertiges Zeug. Und wie oft stehen wir in kindischem Trotz Gott gegenüber, bezweifeln seine Vorsehung und sogar seine Existenz, wenn es Schwierigkeiten, Prüfungen und Heimsuchungen gibt, machen Gott Vorwürfe, hadern und rechten mit ihm, wie eben ein kleines Kind mault und murrt und trotzt, weil ihm der Vater irgendetwas verboten hat. Es ist ja wahr: Was Gott bisweilen fordert und verlangt, schickt und zulässt, ist für uns Menschen oft recht unverständlich und rätselhaft. Kinder brauchen eine Mutter. Und Gott hat sie uns in seiner Güte gegeben. Ihr vertrauen wir unser Glaubensleben und unser Gnadenleben an, dass sie es uns behüte. Sie weiß am besten, wessen wir bedürfen. Sie kennt die Gefahren, auf die wir ahnungslos zueilen, sie kennt auch die Werte, an denen wir ahnungslos und achtlos vorübergehen. Als rechte Mutter will Maria ihre Kinder vor dem Bösen behüten und allem Guten zuführen. Sie will uns ihrem Erstgeborenen ähnlich machen. Sie tritt unablässig für uns ein, dass wir am Glauben an ihren göttlichen Sohn, an der Treue zu ihm und seiner Kirche festhalten. Sie drückt uns an ihr Mutterherz und sagte es uns: Kind, ich bin bei dir, fürchte dich nicht! Du aber folge mir! Halte dich an mich und mein Bespiel. Ich bin ja die Mutter der schönen Liebe!

Seht, liebe Gläubige, das ist der Sinn unserer Weihe an Maria, an ihr Unbeflecktes Herz! Erneuern wir heute diese Weihe und sagen wir es aus tiefster Überzeugung: „Meine Herrin und meine Mutter, dir bringe ich mich ganz dar. Und um dir meine Hingabe zu bezeugen, weihe ich dir heute meine Augen, meine Ohren, meinen Mund, mein Herz, mich selber ganz und gar. Weil ich also dir gehöre, o guter Mutter, so bewahre und beschütze mich als dein Eigentum. Amen