Mater ter admirabilis

 

Unser Maiausflug nach Ingolstadt: P. Jakob Rem und die dreimal wunderbar Mutter.

Ja, Maria ist eine dreimal wunderbare Mutter und Ÿberragt so alle anderen MŸtter: In Maria trifft sich alles Edle, Gro§e, Schšne, EhrwŸrdige und Heilige der Mutterschaft gleichsam in potenzierter Form.

Zu den weltbekannten GemŠlden gehšrt die sogenannte Sixtinische Madonna von Rafael. Der gro§e KŸnstler hat selbst erzŠhlt, wie dieses sein Marienbild entstanden ist. Er habe viele MŸtter beobachtet und bei jeder irgendeine auffallende Schšnheit gefunden. Und dann habe er so wie eine Biene von all Ÿberall den Honig zusammentrŠgt, alle EinzelzŸge der verschiedenen MŸtter gesammelt und in diesem einen Bild vereinigt.

Ja, ganz Šhnlich hat es der grš§te aller Meister, Gott selbst, bei der Mutter seines gšttlichen Sohnes gehalten: Was es je in einem Frauen- und Mutterherzen an Edlem und Gro§em gab und geben wird, das hat Gott in Maria, der jungfrŠulichen Gottesmutter in konzentrierter Form sichtbar werden lassen: Maria, die dreimal wunderbare Mutter!

1. Wunderbar ist diese Mutter in ihrer EmpfŠngnis

2. Wunderbar ist diese Mutter in ihrem Kinde

3. Wunderbar ist diese Mutter in ihrer Liebe

Mater admirabilis, wunderbare Mutter ist Maria in ihrer EmpfŠngnis des gšttlichen Kindes als sie Mutter wurde nicht durch die Hingabe an einen Mann, sondern durch die demŸtige Bereitschaft fŸr den Willen Gottes. Gott zwang Maria nicht, Mutter des Sohnes Gottes zu werden. Er fragte an bei Maria Sie aber willigte nicht etwa sofort ein, sondern fragte: Wie soll dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne? die soll dies geschehen da ich immerwŠhrende JungfrŠulichkeit gelobt habe? Da klŠrte der Engel Maria auf: Der Hl. Geist wird auf dich herabkommen und die Kraft des Allerhšchsten wird dich Ÿberschatten....

Jetzt willigte Maria ein: Ecce ancilla Domini, fiat mihi...

Nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Begehren des Mannes, sondern aus Gott erhielt Maria ihre Mutterschaft: Empfangen vom Hl. Geist...

Was man ganz vereinzelt im Reich der Natur antrifft: Parthenogenese, das wurde an Maria durch ein Wunder des allmŠchtigen Gottes einzigartige Wirklichkeit: Maria Jungfrau und Mutter zugleich, die einzige Jungfrau unter allen MŸttern, die einzige Mutter unter allen Jungfrauen, wahrlich wunderbare Mutter! Mater admirabilis!

Gewiss geht es bei jeder Mutterschaft um etwas Staunenerregendes, wenn da durch das Zusammentreffen des mŠnnlichen Sperma mit einem weiblichen Ei neues Leben entsteht und ein Menschenkind zu werden, zu reifen, zu wachsen beginnt und dann nach neun Monaten das Licht der Welt erblickt. - Eine Kollegin an der Lehrerinnenbildungsanstalt hatte geheiratet und erwartete das erste Kind. Diese kluge, reife, keineswegs sentimental veranlagte Frau erlebte so ganz bewusst das Werden und Wachsen ihres Kindes, wie sie mir erzŠhlte und kam in den Monaten der Schwangerschaft und erst recht nach erfolgter glŸcklicher Geburt aus dem Staunen nicht heraus Ÿber das junge Menschenkind, das da geheimnisvoll in ihrem Mutterscho§ herangewachsen war und nun seine kleinen Glieder regte, schaute, saugte, weinte, lebte...

Ja, wie viel wunderbarer aber ist das Werden des gšttlichen Kindes im  jungfrŠulichen Scho§ Mariens, da in ihr der Beitrag eines Mannes zum Werden neuen Lebens ausfiel, auch nicht auf wunderbare Weise ersetzt wurde durch den Hl. Geist, sondern wo die mŸtterliche Kraft Mariens wunderbar Ÿberhšht wurde, sodass aus der fraulichen Kraft ihres jungfrŠulichen Mutterscho§es ein Menschenleben sich entfaltete und ein Kind heranwuchs, das einmalig war in seinem Wesen und in seiner WŸrde und Grš§e.

Und dieses Kind der Jungfrau Mutter Maria ist eben der zweite Grund, warum wir Maria ein zweites Mal Mater admirabilis, wunderbare Mutter nennen kšnnen.

 

Der ehrwŸrdige Jakob Rem

(+12. Oktober 1618)

Im Juni 1546 wurde der gro§e Marienverehrer aus dem Jesuitenorden Jakob Rem in Bregenz (Vorarlberg) als Sohn eines Gastwirts geboren. Nach Vollendung der humanistischen Studien widmete er sich 1564 an der aufblŸhenden UniversitŠt Dillingen dem Studium der Philosophie. Zwei Jahre spŠter bat er um Aufnahme in die Gesellschaft Jesu.

Im Sommer 1566 nach Rom gesandt, wurde er vom damaligen Ordensgeneral der Jesuiten, vom hl. Franz Borgia, in das Noviziat aufgenommen. Dort war der junge Pole Stanislaus Kostka sein Mitnovize. Im Herbst 1567 begann Frater Jakob Rem am Ršmischen Kolleg das Theologiestudium. Dabei hatte er Gelegenheit, aus nŠchster NŠhe den segensreichen Einfluss der 1563 am Ršmischen Kolleg entstandenen Marianischen Kongregation zu verfolgen.

Im Sommer 1568 musste Frater Jakob Rem seiner angegriffenen Gesundheit wegen nach Dillingen zurŸckkehren, wo er nun zwei Jahre lang mit dem hl. Petrus Canisius zusammenlebte.

Nach Erlangung des philosophischen Doktorates vollendete er seine theologischen Studien und erhielt im Mai 1573 in Augsburg die heilige Priesterweihe.

Der Priester P. Jakob Rem wirkte fast 50 Jahre lang still und verborgen als Erzieher in den Jesuitenkollegien zu Dillingen, MŸnchen und Ingolstadt. Sein ganzes Sinnen und Trachten ging auf das Wohl der ihm anvertrauten studierenden Jugend.

Vor allem als PrŠfekt am Ignatiuskonvikt in Ingolstadt erwies sich P. Jakob Rem als Çein in seltener Weise gesegneter Jugendapostel, dem - weil er von frŸher Jugend an die Hilfe der himmlischen Mutter in seinem Leben erfahren hatte - alles daran lag, den ihm anvertrauten jungen Menschen diese gleiche innere Hilfe zu zeigenÈ.

Da Jakob Rem in Rom das Wirken der ersten Marianischen Kongregation beobachtet hatte, bemŸhte er sich in all seiner TŠtigkeit immer wieder um die recht verstandene gemeinschaftliche Marienverehrung durch die Marianische Kongregation, die - als erste auf deutschem Boden - 1674 von ihm gegrŸndet worden war. Er ging aber Ÿber die Marianische Kongregation noch einen Schritt weiter: Im Ignatiuskolleg zu Ingolstadt hatte er eine Nachbildung des berŸhmten Marienbildes ÇSalus populi RomaniÈ aus St. Maria Maggiore in Rom vorgefunden, die der heilige Ordensgeneral Franz Borgia dem Kolleg geschenkt hatte. Vor diesem Marienbild betete P. Jakob Rem sehr oft mit ganz gro§em Vertrauen.

(Sein Beispiel zog manchen Sodalen der Marianischen Kongregation zu Šhnlicher Andacht hin. So kamen sich zunŠchst drei Studenten in der Marienverehrung seelisch besonders nahe. P. Jakob Rem schloss diese drei Studenten am 4. Mai 1595 zu einer Kernschar innerhalb der Marianischen Kongregation zusammen und gab ihnen und den vielen weiteren dazu sto§enden Studenten Anweisungen, die auf ein sehr konsequentes Streben nach Heiligkeit unter der FŸhrung Marias hinzielten. Diese Anweisungen erschienen spŠter sogar im Druck unter dem Titel ÇDirectiones Mariani Colloquii Deiparae VirginisÈ (Ingolstadt 1623). P. Jakob Rem nannte nŠmlich den Zusammenschluss der Studenten ÇColloquium MarianumÈ. Wie ernst es in dieser Vereinigung mit dem Streben nach Heiligkeit genommen wurde, zeigt die Bestimmung, dass eine begangene TodsŸnde von der Mitgliedschaft im ÇColloquium MarianumÈ so lange ausschlie§e, bis sie durch die Beichte wieder getilgt sei. Die kleine, ideale Vereinigung offenbarte eine ebenso gro§e Anziehungs- wie Umwandlungskraft fŸr die jungen Herzen. Freilich fehlte es auch nicht an Widerspruch von Seiten nŸchtern denkender MŠnner. Darum wollte der Jesuiten-Provinzial P. Hoffaeus, ein Mann von gro§er Tatkraft, das ÇColloquium MarianumÈ auflšsen. P. Jakob Rem gehorchte ohne Widerrede. P. Hoffaeus aber wurde bald von Gewissensbissen geplagt. Er erlaubte die Wiedereršffnung des ÇColloquium MarianumÈ mit der Bemerkung: ÇJakob Rem steht bei der Gottesmutter zu hoch in Ehren, als dass Paul Hoffaeus ihn ungestraft betrŸben dŸrfte!È)

Mit Recht hat man behauptet: ÇDas `Colloquium Marianum' hat einen nicht zu unterschŠtzenden Beitrag zur Erneuerung des katholischen Geisteslebens in Deutschland geleistet. Sšhne aus den vornehmsten Familien gingen durch diese geistliche Schule hindurch und atmeten hier eine Luft des Hšherstrebens, die wirksam ihre Seelenhaltung beeinflusste.È

Die Wurzel der Erziehungserfolge P. Jakob Rems war nicht so sehr das bewusste Einsetzen von Psychologie und Soziologie, als vielmehr das sehr betonte HinfŸhren zum richtigen Gebrauch der ŸbernatŸrlichen Mittel des eifrigen Gebetes und des regelmŠ§igen Sakrament- Empfangs auf Grund einer intensiven Marienverehrung. Als Folge aus der intensiv gepflegten Marienverehrung sollte in den jungen Menschen die ernste Sorge um SŸndenfreiheit und um HochschŠtzung des eigenen Gnadenlebens wach werden. So sahen es die Statuten im ÇDirectoriumÈ des ÇColloquium MarianumÈ vor. Dazu kam noch der von P. Jakob Rem sehr bewusst gepflegte Kontakt auch mit den ehemaligen Studenten.

Nachhaltig weitergewirkt hat bei den Mitgliedern des ÇColloquium MarianumÈ auch die Verehrung des von ihnen hochgeschŠtzten Gnadenbildes der Çdreimal wunderbaren MutterÈ, einer Nachbildung des Marienbildes in der Basilika St. Maria Maggiore in Rom. In stiller Betrachtung vor diesem Bild der jungfrŠulichen Gottesmutter hatte P. Jakob Rem ganz tief erfasst, dass die Anrufung Marias in der Lauretanischen Litanei ÇMater admirabilisÈ (Wunderbare Mutter) gewisserma§en die allerbeste Zusammenfassung alles dessen sei, was Ÿber Maria Gro§es und Herrliches ausgesagt werden kann. Er erhielt dafŸr am 6. April 1604 eine beglŸckende BestŠtigung in einer Vision, in der er Maria schauen durfte. WŠhrend die Studenten des ÇColloquium MarianumÈ an diesem Tag in ihrer Kapelle im Ignatius-Konvikt zu Ingolstadt vor dem Bild Marias die Lauretanische Litanei sangen und gerade zur Anrufung ÇMater admirabilisÈ kamen, schaute P. Jakob Rem einen Meter Ÿber dem Boden schwebend die Gottesmutter, die ihm dabei erklŠrt haben soll, dass ihr die Anrufung ÇMater admirabilisÈ (Wunderbare Mutter) ganz besonders wohlgefalle. Da lie§ P. Jakob Rem den VorsŠnger die Anrufung ein zweites und ein drittes Mal wiederholen. Seitdem wurde Maria von den Mitgliedern des ÇColloquium MarianumÈ in emphatischer Steigerung als ÇMater der admirabilisÈ (ÇDreimal wunderbare MutterÈ) verehrt und das Bild Marias auf dem Altar der Kapelle des ÇColloquium MarianumÈ von nun an so benannt.È

300 Jahre spŠter hat P. Joseph Kentenich, der begnadete GrŸnder der Schšnstatt-Bewegung, in den Bestrebungen des P. Jakob Rem mit dessen ÇColloquium MarianumÈ so viel €hnlichkeit mit seinen eigenen PlŠnen entdeckt, dass er schon 1915 den Titel des IngolstŠdter Gnaden­bildes jener Nachbildung beilegte, die sein eigenes Heiligtum, das ÇKapellchenÈ, in Schšnstatt bei Vallendar am Rhein zierte. Von daher rŸhrt die in der Schšnstatt-Bewegung gebrŠuchliche Anrufung ÇDreimal wun­derbare Mutter und Kšnigin von SchšnstattÈ.

Zur Sinnerhellung der Anrufung ÇDreimal wunderbare MutterÈ hat man Ternare aus der Kirchlichen Marienlehre verwendet wie z.B. ÇMut­ter Gottes - Mutter Christi - Mutter der KircheÈ oder ÇMutter, wun­derbar im Glauben - im Hoffen - im LiebenÈ oder ÇJungfrau vor - in - und nach der Geburt JesuÈ usw. Die Dreizahl in diesem Marienti­tel will sicher nicht mathematisch, sondern idiomatisch gewertet werden: als Sprachmittel fŸr die †berzeugung, dass nur Gott die WŸrde der ÇFemina mirabiliter singularis et singulariter mirabilisÈ (Çder wunderbar einzigartigen und einzigartig wunderbaren FrauÈ), wie der hl. An­selm von Canterbury in seinem 52. Gebet Maria genannt hat, voll erfassen kann, dass mithin keine sterbliche Zunge zum Lob Marias hinreicht, wie es in der 3. Strophe des alten Marienliedes ÇSalve Mater mi­sericordiaeÈ (ÇSei gegrŸ§t, du Mutter der BarmherzigkeitÈ) dargelegt wird: ÇTe beatam laudare cupiunt:/ omnes justi, sed non sufficiunt./ Multas laudes de Te concipiunt,/ sed in illis prorsus deficiuntÈ (ÇDich selig zu preisen wŸnschen alle Gerechten, aber sie entsprechen dabei nicht. Viele Lobeserhebungen haben sie fŸr dich, Maria, verfasst. Aber sie haben dabei erbŠrmlich versagtÈ).

Von P. Jakob Rem sei noch bemerkt, da§ er nicht blo§ durch Mariener­scheinungen ausgezeichnet wurde, sondern auch die Gabe der Weissa­gung, der Herzensschau und auch andere Charismen von Gott durch die FŸrsprache seiner himmlischen Mutter geschenkt bekommen hat.

Als dieser edle Priester aus GesundheitsgrŸnden das Amt des PrŠfekten am Ignatius-Konvikt in Ingolstadt 1610 niederlegen mu§te, betreute er in den letzten Lebensjahren bis zu seinem seligen Heimgang am 12. Ok­tober 1618 nur noch die Kranken des Konvikts. Im Nachruf auf den Heimgegangenen hie§ es: ÇWir haben dem Himmel in diesem Jahr 1618 einen Mann Ÿberlassen mŸssen, der nach allgemeiner Auffassung ein Heiliger war . . . Er war ein Mann der hšchsten Tugenden, ja der Inbe­griff aller Tugenden, verstand es aber in seiner Bescheidenheit, sie zu verbergen . . . È

Schon 1645 begann man, den Seligsprechungsproze§ fŸr diesen gro§en Marienverehrer vorzubereiten und Zeugnisse Ÿber sein Leben, vor allem unter den zahlreichen Mitgliedern des ÇColloquium MarianumÈ, die P. Jakob Rem noch persšnlich gekannt hatten, zu sammeln. Der Seligspre­chungsprozess kam aber - bedingt durch die Auflšsung des Jesuitenor­dens - nie richtig zustande. Erst 1935 wurde der Bischšfliche Informa­tivproze§ in Augsburg begonnen und 1949 abgeschlossen. Die Gebeine von P. Jakob Rem wurden 1694 aus der Gruft der Kreuzkirche in Ingol­stadt erhoben und in das in eine Kapelle verwandelte Sterbezimmer des Dieners Gottes Ÿbertragen. Als nach Aufhebung des Jesuitenordens das Jesuitenkolleg in eine Kaserne umgewandelt werden sollte, wurden die Reliquien und das Gnadenbild der ÇDreimal wunderbaren MutterÈ in die Kirche ÇMaria vom SiegeÈ Ÿbertragen. Seit 1935 ruhen sie vor dem Altar der ÇDreimal wunderbaren MutterÈ im LiebfrauenmŸnster zu In­golstadt.