IMMACULATA 8.12.64 in der Kollegienkirche
Es ist fast
verbriefte Tradition, dass der hochwŸrdigste Oberhirte selber am Immaculata-Tag
im Immaculata-Heiligtum der Kollegienkirche predigt. - Diesmal ist er
verhindert, weil er als Metropolit der Salzburger Kirchenprovinz bei der
Dišzesanerhebungsfeier der jŸngsten Dišzese …sterreichs in Innsbruck zugegen
sein muss.
So hat sich der
neue Kirchenrektor u. Custos der Kollegienkirche, der HochschŸlerseelsorger
Wolfgang Huber, um einen Ersatzprediger umgesehen. Seine Wahl fiel auf den
Dekan der Theol. FakultŠt der wiedererstandenen Salzburger UniversitŠt, wohl
mit dem Hintergedanken, dass doch die Kollegienkirche nun wieder UniversitŠtskirche
ist u.an der Salzburger UniversitŠt einst der schšne Brauch bestand, dass sich
die Professoren, angefŸhrt von ihrem Dekan, durch einen eigenen Eid, der
manchmal sogar mit dem eigenen Blut unterschrieben wurde, verpflichteten, sich
in Wort und Tat, in Lehre und Leben fŸr die unbefleckt empfangene
jungfrŠulichen Gottesmutter einzusetzen. Das geschah hier wohlgemerkt schon
zwei Jahrhunderte lang, bevor Papst Pius IK. vor genau 110 Jahren, am
8.Dez.1854, die Wahrheit von der UE Mariens zum Dogma erhob.
Und wenn ich da
heute als Dekan der Theologischen FakultŠt der wiedererstandenen Salzburger UniversitŠt
die Immaculata-Festpredigt halten darf, so bin ich mir zwar wohl bewusst, nur
ein bescheidener Ersatz fŸr den bischšflichen Festprediger zu sein, ich sehe in
dem mir zuteil gewordenen ehrenden Auftrag aber auch einen Hinweis dafŸr, zusammen
mit meinen Kollegen mitzuhelfen und zu sorgen, dass auch an der neuen Salzburger
UniversitŠt, voran an ihrer Theol. FakultŠt, der Glaube an die Ÿberragende
heilsgeschichtliche Funktion Mariens und der Glaube an ihre Gnadenprivilegien,
voran an das ihrer UE hochgehalten werden zusammen mit der der makellos reinen,
jungfrŠulichen Gottesmutter geschuldeten ehrfŸrchtigen Verehrung und kindlichen
Liebe.
Manche glauben ja
heute sonderbarerweise, dass eine innige Marienverehrung ein Hindernis sei fŸr
den rechten Christusglauben, fŸr starke Christusliebe und vor allem fŸr die so
wichtige christozentrische Ausrichtung unserer Fršmmigkeitshaltung im
liturgischen wie privaten Gebet.
Auch manche junge
Priester und Priesterkandidaten tun heute bisweilen so, als ob man die
Fršmmigkeit unseres glŠubigen Volkes korrigieren mŸsste durch Reduzierung der
Marienverehrung auf ein ganz bescheidenes Minimum oder gar durch všlliges
Verschweigen der angeblich irrtŸmlich Ÿberbetonten heilsgeschichtlichen
Funktion Mariens und ihrer Gnadenprivilegien.
Gott sei Dank
haben diesbezŸglich die KonzilsvŠter auf dem II. Vat. Konzil, ganz gleich ob
sie der konservativen oder der fortschrittlichen Richtung angehšren, anders
gedacht.
Es wurde zwar mit
Recht betont, dass sowohl im privaten Gebet als auch ganz besonders in der
Liturgie dem ganzen Mysterium Christi von seiner Menschwerdung bis zu seiner
Himmelfahrt und glorreichen Wiederkunft der Vorrang gebŸhrt, aber dann haben
die KonzilsvŠter schon in der Liturgie-Konstitution wie erst recht in der
dogmatischen Konstitution Ÿber die Kirche unterstrichen, dass wir weiterhin mit
besonderer Liebe Maria, die selige GottesgebŠrerin verehren sollen, "die
durch ein unzerrei§bares Band mit dem Heilswerk ihres Sohnes verbunden ist, und
in der wir die erhabenste Frucht der Erlšsung bewundern und preisen. In Maria
sieht sich die Kirche wie in einem reinen Bild mit Freuden an, was sie ganz zu
sein wŸnscht u. hofft."
Es ist nicht
recht wenn man heute vielfach Ÿbersieht, wie die richtig erfasste und geŸbte Marienverehrung
eventueller Ansporn sein kann fŸr treue, starke Christusliebe.
Und es ist všllig
falsch, wenn man heute vielfach Ÿbersieht, wie uns in der unbefleckt
empfangenen u.in die himmlische Herrlichkeit bereits mit Seele u. Leib
aufgenommenen Gottesmutter ein Paradigma fŸr all das vor Augen gestellt wird,
was Gott mit gar jedem Menschen Gro§es und Herrliches vorhatte in seinem
Schšpfungsplan und auch nach geschehenem SŸndenfall immer noch vorhat in seinem
wunderbaren Erlšsungsplan.
Bei der Opferung betet
die Kirche, dass Gott den Menschen wunderbar erschaffen und noch wunderbarer
erlšst hat.
Das gilt ganz
allgemein von allen Menschen. In einzigartiger, paradigmatischer Weise aber von
Maria: Wunderbar erschaffen, noch wunderbarer erlšst in der Anfangsbegnadigung
ihrer UE, in der Endbegnadigung ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel.
Und das ist nur
Paradigma, Beispiel, fŸr das, was Gott mit uns allen vorhatte und noch vorhat.
Daran gilt es zu
glauben. Wieder zu glauben. Viel stŠrker zu glauben!
Vor ein paar
Jahren weilte ich zusammen mit Kardinal Kšnig, dem frŸheren Moralprofessor an
unserer Theologischen FakultŠt, in Lourdes.
Wir knieten am
ersten Abend zusammen in stillem Gebet an der Grotte der Erscheinung, wo sich
Maria dem schlichten MŠdchen Bernadette geoffenbart hat mit den Worten:
"Ich bin die Unbefleckte EmpfŠngnis!"
Wir gingen dann
von der Grotte weg den Hšhenweg hinauf zum Bischšflichen Palais, wo unser
Quartier war. Da standen wir auf einmal auf halber Hšhe vor einem neuen,
kŸnstlerisch wertvollen Denkmal, das wir in seiner Bedeutung nicht gleich zu
deuten vermochten: In Lebensgrš§e ist da ein blinder Mann dargestellt, der
seine glanzlosen, blinden Augen und seine gefalteten HŠnde zur
Erscheinungsgrotte und zu der neben ihr entsprungenen Wunderquelle hinabrichtet
als ob er von dort Hilfe und Heilung erwartete.
Wer dieser Blinde
wohl sei, fragte mich testend der Kardinal.
In mir aber
blitzte es auf: Ich erinnerte mich aus der Geschichte von Lourdes an das erste Wunder,
das dort geschah, und ich meinte, es mŸsse wohl der blinde Steinhauer Louis Bouriette
dargestellt sein, der nach 20jŠhriger Blindheit als erster durch das Wasser aus
der Quelle wunderbar geheilt und wieder sehend geworden war.
Der Kardinal
meinte darauf, ich wŸrde wohl Recht haben, aber er glaube, dass das Denkmal
noch mehr, noch Tieferes aussagen wolle.
Wir suchten, ob
sich nicht am Denkmal eine Inschrift fŠnde, die seinen Sinn deute, und fanden
schlie§lich an der RŸckseite des Sockels in franzšsischer Sprache folgendes
eingraviert:
"Dieses
Denkmal wurde gestiftet von einer italienischen Dame, die sich in Lourdes
bekehrte und mit diesem Monument sagen wollte:
"Retrouver la foi c'est
plus
que retrouver la vue!"
Den Glauben wiederfinden ist mehr
als das Augenlicht wiederfinden!
BrŸder und
Schwestern in Christus!
Mir kommt heute
vor, als ob der strahlend helle, schšne Immaculata-Tag inmitten des dunklen
Advents die Aufgabe hŠtte, uns allen zu helfen, den Glauben wiederzufinden an
Gottes Grš§e in seinem wunderbaren Schšpfungs- und noch wunderbareren
Erlšsungswerk, wie sie sich gerade an der UE Mariens offenbart.
Der Immaculata-Tag
soll uns allen zeigen, wie wir wieder sehend werden sollen fŸr die
ŸbernatŸrlichen Werte, die an der wunderbaren Anfangsbegnadigung Mariens in
ihrer UE sichtbar werden!
"Retrouver la foi c'est plus que retrouver la vue!" Den Glauben wiederfinden ist mehr als das
Augenlicht wiederfinden!
Wir alle sollen
den Glauben wiederfinden an Gottes Grš§e, an Gottes Schšnheit, an Gottes Heiligkeit,
wie sie sich spiegeln in Maria.
Es geht ja beim
heutigen Festgeheimnis gar nicht primŠr um Maria, jedenfalls nicht um Maria
allein, es geht um Gott und den Menschen, es geht um das Gro§e, das Gott mit
dem Menschen vorhatte, der Gottes Grš§e, Schšnheit, Gutheit, Heiligkeit
widerspiegeln sollte.
Gottes Vollkommenheit
spiegelt sich in allen seinen Geschšpfen in irgendeiner begrenzten Weise, am
schšnsten, vollkommensten und ungetrŸbtesten aber spiegelt sich Gott in seinem
schšnsten Geschšpf, in M a r
i a.
Ich hšre da
sofort den Einwand, dass das schšnste Spiegelbild der Vollkommenheit Gottes der
Gottmensch Jesus Christus sei, der doch der strahlende Abglanz des Vaters, das
wesensgleiche Abbild des Vaters ist, sodass er von sich sagen konnte: "Wer
mich sieht, sieht den Vater!"
Aber Christus ist
ja nicht Geschšpf, jedenfalls nicht blo§es, pures Geschšpf, sondern eben der
menschgewordene Sohn Gottes.
Maria aber ist
blo§es Geschšpf und sie ist tatsŠchlich in ihrer herrlichen Gnadenausstattung
das schšnste geschšpfliche Spiegelbild der Vollkommenheit Gottes.
Mit vollem Recht
wird Maria in der Lauretanischen Litanei "Spiegel der Gerechtigkeit",
d.h. der Vollkommenheit Gottes genannt.
Es ist das ein
guter, ein vielsagender Vergleich, der freilich etwas nŠher erklŠrt gehšrt. Ich
versuche es.
Ein MŠdchen, eine
Frau vor dem Spiegel! Eine alltŠgliche, selbstverstŠndliche Angelegenheit fŸr
eine Frau, die etwas auf sich hŠlt. Ob nicht manche dabei aber, je lŠnger je
mehr sie vor dem Spiegel steht, erschrickt Ÿber die zunehmenden Runzeln und
Makeln und noch mehr Ÿber die Ausdruckslosigkeit, manchmal sogar
Seelenlosigkeit des eigenen Antlitzes? Und man sucht dann vor dem Spiegel - meist
mit wenig Erfolg - durch ein sogenanntes Make up nachzuhelfen...
Heute steht
gleichsam Maria vor dem Spiegel, wenn sie da im Introitus der Festmesse jubelt:
"Gaudens gaudebo in
Domino et exsultabit anima mea in Deo meo...
Freuend freu' ich mich im Herrn und meine Seele
jubelt auf in meinem Gott,
denn er hat mich gekleidet in GewŠnder des Heils, er
hat mich umhŸllt.