Die allererste Marianische Kongregation

Maiandacht 29.5.1993

 

Das Gesamtthema unserer diesjŠhrigen Maiandachten in der Kollegienkirche hat gelautet: ãMaria – Urbild der betenden KircheÒ. Ich habe mir als Spezialthema dazu das Thema gewŠhlt: Maria und die erste Marianische KongregationÒ. Dieses Thema ist nŠmlich hier in der Kollegienkirche von besonderer AktualitŠt und darum besonders berechtigt, denn in dieser Kirche und im dazugehšrigen Sacellum bestanden einst blŸhende Marianische Kongregationen fŸr Akademiker, fŸr Gewerbetreibende, fŸr Studenten an der UniversitŠt und fŸr MittelschŸler. Heute existieren nur noch eine Marianische MŠnnerkongregation und eine Marianische Frauenkongregation. Beide sind in letzter Zeit unter meiner provisorischen Leitung zusammengeschlossen worden. Es gehšren der Marianischen MŠnnerkongregation ungefŠhr 40 ehrenwerte katholische MŠnner an, vor allem Akademiker, die meist schon hoch betagt sind. €hnlich sind die VerhŠltnisse in der Marianischen Frauenkongregation.

Wenn ich nun Ÿber ãMaria und die erste Marianische KongregationÒ sprechen soll, so kšnnte ich auf die erste Marianische Kongregation hinweisen, die in Rom an dem vom hl. Ignatius von Loyola gegrŸndeten Collegium Romanum, der spŠteren PŠpstlichen UniversitŠt Gregoriana, fŸr die dort studierenden HochschŸler von dem flŠmischen Jesuiten P. J. Leunis im Jahre 1563 gegrŸndet worden ist. Dieser fromme, pŠdagogisch kluge Priester empfahl den jungen Menschen, sie sollten sich – um in den StŸrmen der Jugend – im Kampf um die Herzensreinheit und den wahren, unverfŠlschten Glauben durchhalten und in religišs-sittlicher Hinsicht auf der Hšhe bleiben zu kšnnen, zusammenschlie§en und fŸr das ganze Leben Maria weihen. Sie wŸrde ihnen mit ihrem Vorbild und ihrer FŸrsprache mŸtterlich helfen, die christlichen Ideale hochzuhalten und Apostel zu sein fŸr die Kirche in schwerster Zeit.

Von Rom aus breitete sich die Idee der Marianischen Kongregation sehr rasch in ganz Mitteleuropa aus; hunderte, ja tausende Marianische Kongregationen entstanden. Schon nach 10 Jahren, nŠmlich 1573 entstand als erste Marianische Kongregation im deutschen Sprachraum die Studentenkongregation in Wien, dann folgte 1576 Kšln; hierauf Freiburg im Breisgau 1582. Ein besonderer Fšrderer der Marianischen Kongregationen war der hl. Petrus Canisius. Besonders erwŠhnt gehšrt noch die Marianische Kongregation an der damaligen UniversitŠt Ingolstadt, die von dem heiligmŠ§igen Bregenzer Jesuiten P. Jakob Rehm viele Jahre lang geleitet wurde. Er versammelte die Studenten-Sodalen immer vor einer Nachbildung des Marien-Gnadenbildes in S. Maria Maggiore in Rom, das den Titel trŠgt: ãSalus Populi RomaniÒ. Vor diesem Marienbild wurde gebetet und gesungen und nachhaltige Begeisterung geweckt fŸr das gro§e Ideal, das uns allen Maria sein sollte.

Eines Tages sang man bei der Kongregationsandacht wie gewšhnlich die Lauretanische Litanei mit den verschiedenen Ehrentiteln fŸr Maria. Als man zur Anrufung ãMaria, du wunderbare MutterÒ (lat: ãMater admirabilisÒ) gekommen war, da unterbrach P. Jakob Rehm den Gesang und rief in die versammelte Studentenschar hinein: ãSingt diese Anrufung noch einmal und noch einmal, denn Maria hat mir geoffenbart, dass sie diesen Ehrentitel ganz besonders liebt und schŠtzt. Daraus entwickelte sich der marianische Ehrentitel ãDreimal wunderbare MutterÒ.

Unter diesem Titel sammelte in unserem Jahrhundert ein anderer heiligmŠ§iger Priester P. Josef Kenenich in der Schšnstattbewegung viele junge Menschen, um sie fŸr das marianische Ideal zu begeistern.

Die Weihe an die dreimal wunderbare Mutter wurde wirklich ernst genommen und Jahr fŸr Jahr an ihrem Fest erneuert: Diese Marienweihe galt den Mitgliedern der Marianischen Kongregationen, den Sodalen fast wie ein feierliches GelŸbde, das man zu halten verpflichtet war. Die Sodalen sahen in Maria – ganz im Sinn der Darlegungen des II. Vat. Konzils das vornehmste Glied der Kirche, das nachahmenswerte Urbild der Kirche und die liebevollste Mutter der Kirche: Man berief sich dabei zu Recht auf jene Schriftstelle in der ApG 1, 12 – 14, wo berichtet wird, das die JŸnger und JŸngerinnen Jesu nach dessen Himmelfahrt vom …lberg nach Jerusalem zurŸckkehrten und dort im Abendmahlssaal neun Tage lang versammelt blieben zu gemeinsamem Gebet um den Hl. Geist und seine sieben Gaben.

Da hei§t es dann wšrtlich nach AufzŠhlung der Teilnehmer an dieser ersten Pfingstnovene: ãSie alle verharrten dort einmŸtig im Gebet zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu und mit seinen BrŸdern.Ò

Mir kommt immer vor, dass wir hier die allererste Marianische Kongregation vorgestellt bekommen: die Herde Christi, des Guten  Hirten, die Urkirche, im Abendmahlssaal versammelt um die Mutter Jesu, der gro§en, mŠchtigen Vorbeterin und FŸrbitterin der Christenheit, um in einem Gebetssturm gewisserma§en den Pfingststurm auszulšsen, auf dass der Beistand, der Tršster, der Geist der Wahrheit, der Hl. Geist die Kirche und alle ihre Glieder mit heiligem Feuer durchglŸhe und fŠhig mache fŸr die von Christus vor der Himmelfahrt gestellte Aufgabe: ãGeht hinaus in alle Welt...Ò

Sehen wir nochmals genauer zu, wer da zur ersten Pfingstnovene im Abendmahlssaal versammelt war: Die Apostel, dann die BrŸder und schwestern Jesu, in ihrer Mitte aber die gro§e Beterin Maria: das war in voller Wahrheit die allererste ãMarianische KongregationÒ.

Erinnern wir uns bei dieser Gelegenheit an die lateinische Herkunft und Bedeutung unseres deutschen Fremdwortes ãKongregationÒ: Dahinter steckt das lateinische Zeitwort ãcongregareÒ und das lateinische Hauptwort ãgrexÒ = Herde; ãcongregareÒ bedeutet demnach wšrtlich: wie eine Herde, herdenweise Menschen zusammenscharen, verbinden, vereinigen, wie sich die LŠmmer unter ihrem Hirten zusammenscharen, in ihrer Mitte das wichtigste Mutterschaf.

So ist es auch mit der Kirche, der Herde des Guten Hirten, wobei die einzelnen Glieder der Kirche, die Schafe des Guten Hirten, aufs innigste zusammengefŸgt und verbunden sind, in ihrer Mitte das Mutterschaf, die Mutter Jesu, die zur Mutter der Kirche geworden ist.

Und das Erste und Wichtigste, was diese um Maria versammelte Herde Christi, diese allererste Marianische Kongregation tut? Alle beten einmŸtig um den Hl. Geist, ohne dessen bindende und verbindende Kraft die Schafe der Herde Christi beim Ansturm des Wolfes auseinandergejagt wŸrden. Maria ist inmitten der Kirche die gro§e ãOranteÒ, die durch die InstŠndigkeit ihres Gebetes und durch die BestŠndigkeit ihrer FŸrsprache die Herde Christi im Hl. Geist zusammenhŠlt.

Ja, die ganze Kirche mŸsste eigentlich nach dem Vorbild der Urkirche ãMarianische KongregationÒ sein, immer wieder beharrlich und einmŸtig mit Maria und wie Maria um die Gabe Gottes, den Hl. Geist betend.

Dann schwei§t der Hl. Geist die getauften und gefirmten JŸnger Christi, voran die Apostelnachfolger, die Bischšfe und Priester, unzertrennlich zusammen unter FŸhrung des Petrusnachfolgers, des Papstes.

ãMaria und die allererste Marianische KongregationÒ, Maria und die Kirche. Beide dŸrfen nicht auseinanderdividiert werden, sie gehšren unzertrennlich zusammen im Apostolat mit seinen verschiedensten Formen; voran im Gebetsapostolat. Dann braucht uns nie, auch in der schwersten Krise nicht bange sein um den Fortbestand der Kirche. Amen