Die Immaculata

(8.12.1988 Kollegienkirche)

 

80 Jahre ist es genau her, da ging zu Weihnachten eine Schreckensnachricht durch die Welt: Die gro§e Hafen-, UniversitŠts-und Bischofstadt Messina an der Nordost-Spitze Siziliens war durch ein furchtbares Erdbeben všllig zerstšrt worden. Vor den 120.000 Einwohnern Messinas waren damals 80.000 Menschen durch das Erdbeben lebendig begraben oder von der gleichzeitig hereingebrochenen Sturzflut ins Meer geschwemmt und dort begraben worden.

Etwas ganz Eigenartiges bot sich damals den vom Festland herbeigeholten Soldaten und Polizisten, die die TrŸmmerfelder Messinas kontrollierten:

Auf einem freien Platz der einstigen Gro§stadt ragte mitten aus den TrŸmmern und Ruinen, noch všllig unversehrt eine SŠule empor mit dem Bild der unbefleckt empfangenen jungfrŠulichen Gottesmutter Maria.

Ist diese unversehrt stehengebliebene MariensŠule auf dem TrŸmmerfeld der erdbebenzerstšrten Gro§stadt Messina nicht ein ungemein anschauliches Sinnbild fŸr die Glaubenswahrheit, die wir am heutigen Fest feiern? Ringsum in der gesamten Menschheit  seit dem SŸndenfall der Stammeltern die VerwŸstungen der SŸnde, der ersten und der zahllos dann nachgefolgten. In den Augen Gottes, der seinen wunderbaren Schšpfungsplan mit dem Menschengeschlecht durchkreuzt und vernichtet sah, war die sŸndige Menschheit wahrhaftig ein ungeheures TrŸmmerfeld. Aber mitten aus dieser SŸndenwŸste ragt eine Gestalt unversehrt heraus: die unbefleckt empfangene, sŸndenlose, makellos reine Jungfrau Maria: ein Mensch, der so ist, wie ihn der Schšpfergott geplant hatte: von allem Anfang an geschmŸckt mit dem Adel der Gotteskindschaft, im Glanze fleckenloser Reinheit und Schšnheit und in der FŸlle der Gnade!

Maria ist - wenn wir sie in dieser ihrer fleckenlosen Reinheit, Schšnheit und GnadenfŸlle betrachten - eine einzigartige Lichtgestalt im dunklen Všlkeradvent; eine einmalig schšne Lichtgestalt inmitten der Finsternis von Laster und SŸnde:

Wodurch und wozu Maria - kraft der Gnade Gottes und ihrer ErwŠhlung und nicht etwa auf Grund eigener Leistungen und Verdienste - zu dieser lichtvollen Gestalt geworden ist, das bekennt die Kirche heute sehr  klar und tief in der FestprŠfation, in der Gott Vater so angesprochen wird:

"Du hast Maria vor der Erbschuld bewahrt; Du hast sie mit der FŸlle der Gnade beschenkt, da sie von dir erwŠhlt worden war, die Mutter deines Sohnes zu werden: in unversehrter JungfrŠulichkeit hat sie Christus geboren, der als schuldloses Lamm die SŸnden der Welt hinweg nimmt. Sie ist Urbild und Anfang der Kirche, der makellosen Braut deines Sohnes, vor allen Heiligen ist sie ein Vorbild der Heiligkeit, ihre FŸrsprache erfleht uns deine Gnade durch unseren Herrn Jesus Christus.Ò

Wir haben also - wie es in der heutigen FestprŠfation geschieht - dem himmlischen Vater zu danken, weil er

1. Maria im Hinblick auf den Erlšsertod Jesu Christi vor der Erbschuld bewahrt hat,

2. weil er Maria wegen ihrer ErwŠhlung zur Mutter des Sohnes Gottes einer FŸlle von Gnaden beschenkt hat,

3. weil er zeichenhaft fŸr die ganze Menschheit in unversehrter, immerwŠhrender JungfrŠulichkeit aus Maria seinen Sohn, den Heiland der Welt, geboren werden lie§,

4. weil er dabei Maria zum Urbild und Anfang der Kirche, er makellosen Braut ihres Sohnes und zum Urbild und Anfang einer erneuerten heilen Welt gemacht hat,

5.weil wir armen SŸnder vertrauensvoll zu Maria aufschauen dŸrfen, denn sie ist vor allen Ÿbrigen Heiligen fŸr uns alle Vorbild der Heiligkeit und mŠchtige FŸrsprecherin, die uns die so notwendigen Gnaden erflehen kann, um aus aller Verderbtheit durch die SŸnde gerettet zu werden und trotz allem Unheil, das durch die SŸnde hereinbrach, das Heil zu erlangen.

Kann man denn Grš§eres, Schšneres, Bedeutsameres und Wichtigeres von einem blo§en Menschen aussagen und bekennen? Unbefleckt empfangen ist Maria – gnadenvoll – unversehrte Jungfrau und Mutter zugleich – Mutter des Sohnes Gottes, des Heilands und Erlšsers, mit diesem brŠutlich verbunden wie seine Kirche, deren Urbild und Anfang sie ist, dazu noch strahlendes Vorbild vor allen Heiligen und Ÿber alle Heiligen, sie die ãPanhagiaÒ, die Ganzheilige, wie die Christen der Ostkirche Maria seit je rŸhmend nennen.

Wenn wir so von Maria reden, besteht da nicht die Gefahr, dass wir aus ihr eine gšttergleiche Gestalt, einen †bermenschen machen? Nein, was uns in Maria begegnet, ist ein Mensch nicht mehr und nicht weniger als ein Mensch; aber ein Mensch, wie er nach dem Schšpfungsplan Gottes sein sollte, der aber dabei herausragt  aus dem riesigen TrŸmmerfeld wie es durch SŸnde und Laster angerichtet wurde. Maria – ein Mensch der uns alle, die wir arme SŸnder sind, zu wahrer Menschlichkeit verpflichtet und uns an die wahre MenschenwŸrde erinnert, die letztlich nur dort ganz und unvermindert vorhanden ist, wo der Mensch frei von SŸnde Schuld, in strahlendem Glanz der Gnade, zur WŸrde der erhoben, vor Gott dasteht. Es wŸrde sich wahrlich lohnen, zu diesem Menschen wieder mehr aufzuschauen, sie zum Vorbild zu nehmen und  nicht vergŠngliche Scheingrš§en und trŸgerische Leitbilder!

Werfen wir jetzt nochmals den Blick auf die erdbebenzerstšrte Stadt Messina; aus ihrem weiten TrŸmmerfeld ragte vor 8 Jahren unzerstšrt die MariensŠule auf. Wiederholt sich das bildhaft nicht genauso in der Menschheit der Gegenwart? Man braucht dabei nur an Teilaspekte des TrŸmmerfeldes erinnern, das sich in religišs-sittlicher Hinsicht immer ausbreitet.

Pater Werenfried van Straaten hat geschildert: "Es gibt heute zahllose MŸtter und €rzte die millionenfach ungeborene Kinder umbringen; MŸtter, die sich mit Pillen und Spiralen - wie mit Rattengift und MŠusefallen - gegen das Leben wehren, das Gott ihnen anvertraut. €rzte, die mit staatlicher Genehmigung und auf Kosten der Krankenkassen lebende Kinder, denen die Menschenrechte aberkannt werden, dem Mutterscho§ entrei§en, um sie fŸr wissenschaftliche Experimente oder als Ersatzorgane einzufrieren, um sie der Industrie zu verkaufen oder in einem MŸlleimer sterben zu lassen! Herodes wird nicht mehr gebraucht, da es jetzt Giftmischer gibt, die fŸr den chemischen Krieg gegen wehrlose Kinder raffinierte Waffensysteme entwickeln! Vielleicht schon bald werden mit Genehmigung oder sogar auf Befehl eines franzšsischen Gesundheitsministers hunderte Millionen von Mordtabletten auf den Markt gebracht. Eine Tablette wird genŸgen, um ein ungeborenes Kind innerhalb von drei Tagen tšdlich zu vergiften und aus dem Mutterscho§ zu entfernen. Keine Schwierigkeiten mehr mit Sterilisierungsprogrammen und kostspieligen Abtreibungen in der Dritten Welt:       Es wird ein weltweites Gemetzel geben, das in einem Jahr mehr Leichen produzieren wird als alle Mordsysteme von Stalin, Hitler und Mao zusammen. Die Gewissen sind abgestumpft, und der Verstand ist bis an die Grenzen des Irrsinn verdŸstert; seitdem das unauslšschliche Naturgesetz und die unfehlbare Lehre Christi, die fŸr unsere Zeit ihren gŸltigen Ausdruck in 'Humanae vitae ' und  'Familiaris Consortio' gefunden haben, nur zšgernd verkŸndet, schuldhaft verschwiegen und weltweit sabotiert werden. Dadurch haben die Nachfolger des Herodes freie Hand bekommen, um das Kind zu tšten, falls es ein Kind gibt.

(Oder wird auch das gšttliche Kind in der kommenden Christnacht fehlen? Werden die Krippen leer bleiben? Wird der Heiland der Welt tatsŠchlich in dieser mšrderischen Zeit von neuem geboren werden?

Das hŠngt von uns ab. Wir mŸssen die TŸren sein, durch die Er wieder in die Welt kommt.)

Wir mŸssen Mariens Aufgabe erfŸllen: Ihn – Christus – wie sie empfangen und in unseren Herzen tragen; so dass Er das Herz unseres Lebens und die einzige Richtschnur unseres Handelns wird. Denn nur wenn wir tun, was Er tat, und ablehnen, was Er ablehnte, nur wenn Seine brennende Liebe zu Gott und zu den Menschen durch uns hindurch nach au§en dringt; nur wenn Hirten und Kšnige, Arme und Reiche, Machthaber und UnterdrŸckte auf die Knie sinken, weil sie im heutigen Gottesvolk den fortlebenden Erlšser entdecken: nur dann wird Jesus in dieser Zeit von neuem geboren! Lasst uns darum wieder das werden, wozu uns der himmlische Vater ins Leben rief: Abbild seines geliebten Sohnes, an dem er sein Wohlgefallen findet. Lasst uns wie Maria die Gestalt Christi durch diese unsere Zeit tragen. (Lasst uns zu den 144.000 Gezeichneten gehšren, die dem Lamme folgen. Das Zeichen auf unserer Stirn muss die Liebe sein, die Liebe zu Gott und zu den NŠchsten. Die Liebe, die sich jeder Not annimmt, die Gottes Herrschaft in den Seelen der Menschen bedroht. Die Liebe, die sich aller erbarmt, die wehrlos, schwach, krank und verloren sind. Aber auch die Liebe, die nicht duldet, dass den Kleinen €rgernis angetan wird und die sich unerschŸtterlich den widernatŸrlichen und nach Vergeltung rufenden SŸnden widersetzt, die die Menschheit dem Fluch Gottes ausliefern werden. ...)

Nochmals sei es gesagt: wir mŸssen wieder mehr zu ihr aufschauen, die als Einzige in unverletzter Reinheit, Schšnheit und GnadenfŸlle aus dem durch SŸnde und Laster geschaffenen TrŸmmerfeld herausragt. Sie allein blieb vor der ErbsŸnde und jeder persšnlichen SŸnde unbefleckt bewahrt. †ber dem Anfang und Ÿber dem irdischen Ende eines jeden Menschenlebens steht das Gesetz des Todes: Mit dem leiblichen Tod endet jedes Menschenleben, mit dem geistig-geistlichen Tod der Seele in der Gnadenberaubtheit durch die ErbsŸnde beginnt jedes Menschenleben. Alle Menschen, all die Milliarden, die waren und sind und sein werden, unterliegen diesem doppelten Gesetz mit einer einzigen Ausnahme, denn von allen Menschen blieb nur Maria beim Eintritt ins Dasein vor dem geistig-geistlichen Tod der Seele bewahrt, weil sie auf Grund der Erlšserverdienste ihres Sohnes ohne die ErbsŸnde empfangen wurde und weil von Anfang an das gšttliche Leben der Gnade in ihr war. So hatte es Gottes Liebe gewollt, Gottes Weisheit ersonnen und Gottes Allmacht vollbracht. Und diesem einzigartigen Anfang im Leben Marias entsprach dann das einzigartige Ende, weil sie, die Makellose, sogleich mit Seele und Leib in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde. Was Maria, vom Hl. Geist erleuchtet, einst in einer seligen Stunde, in die Zukunft blickend, vorausgesagt hat, ist und bleibt fŸr immer Wirklichkeit: ãVon nun an werden mich seligpreisen alle Geschlechter, denn Gro§es hat an mir getan, der da mŠchtig istÒ (Lk 1,48f).

Lasst uns darum zuletzt glŠubig froh und dankbar am heutigen Immaculata-Tag einstimmen in den Lobpreis auf die von Gott selbst seliggepriesene jungfrŠuliche Tochter des Vaters und Mutter des Sohnes und Braut des Hl. Geistes: ãSie ist die reinste Rose, ganz schšn und auserwŠhlt, die Magd, die makellose, die sich der Herr vermŠhlt. O eilet, sie zu schauen, die schšnste aller Frauen, die Freude aller Welt!Ò

Erneuern wir heute am Schluss der Festmesse unsere Weihe an Maria, an ihr unbeflecktes Herz und bitten wir sie: Mach uns – deinem Vorbild folgend – frei von Laster und SŸde, lass uns wie du die Herzensreinheit lieben, lass uns dir immer Šhnlicher werden: Amen