Basilika

ãIhr seid ein auserwŠhltes Geschlecht, ein kšnigliches Priestertum!Ò

Festpredigt Ÿber die Basilika-Erhebung der Wallfahrtskirche Maria Plain bei Salzburg, am 6. Juli 1952

 

Liebe GlŠubige!

Ein Doppeltes soll uns alle, die wir heute nach Maria Plan heraufgepilgert sind, mit dankbarer Freude erfŸllen:

Das Erste ist ein JubilŠum: 300 Jahre Wallfahrt Maria Plain.

Das Zweite ist ein ganz besonderer, festlicher Anlass: die Erhebung der Wallfahrtskirche Maria Plain zu einer PŠpstlichen Basilika.

Ich brauche diesen doppelten Anlass der Freude nicht ausfŸhrlich schildern. Es geschah dies schon in der Tagespresse und im Rupertiboten. Meine Aufgabe ist es nur, dieses doppelt freudige Ereignis zu deuten in seiner Verpflichtung fŸr uns alle. Und ich fand dafŸr kein besseres Wort als dies, das ich als Vorspruch wŠhlte und dem gleichen Apostelbrief entnahm, dem die heutige Sonntagsepistel entstammt, das Wort des ersten Papstes in seinem ersten Rundschreiben an die Christen von damals und an die von heute: ãIhr seid ein auserwŠhltes Geschlecht, ein kšnigliches Priestertum!Ò

Im Verlauf des so harten, drangvollen 30jŠhrigen Krieges war es. 1633. Der Markt Regen bei Regensburg wurde durch durchziehende, plŸndernde Soldaten ein Raub der Flammen. Auch das Haus des BŠckers Paul Regner brannte nieder. Beim Wiederaufbau fand man unter den TrŸmmern des BŠckerhauses ein Marienbild, das mit Ausnahme einiger schwarzer Flecken am oberen Rand všllig unversehrt geblieben war, fast so, als ob Maria den armen Menschen, die damals Hab und Gut verloren hatten, zeigen wollte: Auch wenn die Not der Menschen noch so gro§ ist, auch wenn sie sich von allem verlassen fŸhlen, verzagt nicht, sondern glaubt fest und stark. Ihr seid ein auserwŠhltes Geschlecht. Und Mutter und Kind, denen ihr euer ŸbernatŸrliches Gnadenleben verdankt, Christkšnig und seine Mutter Maria, wir sind bei euch und verlassen euch nicht!

Die BŠckersfrau trug das Marienbild zu einem Maler, um die kleinen SchŠden am Bilde ausbessern zu lassen. Sie wollte im Wiederaufbau des zerstšrten Hauses auf den geistig-religišsen Wiederaufbau ihres Heimes und ihrer Familie nicht vergessen; das Marienbild sollte dafŸr Zeugnis ablegen. Die Frau des Gerichtspflegers Hans Ludwig von Grimming sah beim Maler das Bild und hšrte von der wunderbaren Geschichte des Bildes. Sie setzte alles daran, um in den Besitz dieses Bildes zu kommen. Was haben doch die glŠubigen Menschen von damals Wert gelegt auf ein schšnes Bild der Mutter und Kšnigin Maria mit ihrem gšttlichen Kinde. Die BŠckersfrau wollte aber auf das Madonnenbild nicht verzichten. Nur gegen Tausch fŸr ein anderes Marienbild ging sie schlie§lich darauf ein, auf das Bild zu verzichten. Die Pflegersgattin Frau von Grimming brachte das Bild auf ihr Schloss FŸrsteneck und stellte es in der Schlosskapelle zur Verehrung auf. Als bald darauf ihr Mann, der Gerichtspfleger Hans Ludwig von Grimming in den Ruhestand trat und sich auf sein Schloss MŸlleck bei Salzburg zurŸckzog, wanderte das Marienbild mit.

Zum Besitz der Familie Grimming gehšrte auch das Gut Plain, das heutige Gasthaus Mooshammer. Hierher begab sich ein Sohn des Pflegers, Rudolf Grimming, ein tief frommer Mann, um hier im Gutshof eine Art Einsiedlerleben zu fŸhren. Das Familienheiligtum aber, das Marienbild nah er mit und stellte es in der NŠhe des Gutshofes in einem  Holzkasten fŸr sich und andere vorŸberziehende Menschen zur Verehrung auf. Das war Ende 1652, also vor genau 300 Jahren. Das Marienbild wurde bald viel verehrt. Es war ja eine drangvolle, schwere Zeit. Wenngleich zwar Salzburg selbst durch die weise Regierungskunst des damaligen Landesherren, des FŸrsterzbischofs Paris Lodron vom 30jŠhrigen Krieg verschont geblieben war, so herrschte doch ringsherum viel Not und Elend, wie es der Krieg in den NachbarlŠndern mit sich gebracht hatte. Da schaute man mit neuem glŠubigem Vertrauen zur Hilfe der Christen, zur Mutter der Gnade, zur Kšnigin des Himmels und der Erde auf. Eine Welle vertrauensvoller Marienverehrung ging durch das Land. Maria galt als Landesmutter. Man wusste und glaubte es zuversichtlich, dass sie eine gŸtige, hilfreiche Mutter, eine mŠchtige, hilfsbereite Kšnigin ist. Wir sind trotz aller Not doch ein auserwŠhltes Geschlecht. Wir haben eine gute Mutter! Wir sind ein kšnigliches Geschlecht. Unsere Mutter ist die Kšnigin des Himmels und der Erde! Das war die unausgesprochene, feste †berzeugung, wie sie sich gerade in der immer mehr anwachsenden Verehrung des Marienbildes von Maria Plain sprechenden Ausdruck schuf.

Ich will aus der Geschichte der wallfahrt Maria Plain nicht weiter erzŠhlen. Es ist ja bekannt, wie bald schon eine Kapelle entstand und schlie§lich bald schon die schšne Kirche auf dem Berge heroben erbaut und 1674 feierlich konsekriert wurde, wie dann schlie§lich am 4. Juli 1751 das Gnadenbild mit Kronen, die Papst Benedikt XIV. persšnlich geweiht hatte, gekršnt wurde. Die ganze AufwŠrtsentwicklung der wallfahrt Maria Plain fand nun ihren kršnenden Hšhepunkt in der Erhebung der Wallfahrtskirche zur Basilika.

Ihr wisst ja, liebe GlŠubige, wie nur die grš§ten, ehrwŸrdigsten und bedeutendsten Kirchen der Welt diesen Ehrentitel tragen. In unserer Erzdišzese hatten wir bisher Ÿberhaupt keine Kirche mit dem Ehrentitel einer Basilika. Nun ist es vom Hl. Vater durch BemŸhen des HochwŸrdigsten Erzabtes von St. Peter und seiner Konventualen, vor allem der Seelsorger von Maria Plain dieser Wallfahrtskirche hier zugestanden worden. Sie ist zum Rang einer Basilika erhoben worden.

Wir wollen uns von Herzen Ÿber diese Auszeichnung und Ehrung von Maria Plain freuen und wollen darin gleichsam eine pŠpstliche BestŠtigung dafŸr sehen, dass die Gottesmutter an dieser GnadenstŠtte bisher schon mit Recht und mit Erfolg als Mutter und Kšnigin, als Hilfe der Christen, als SchŸtzerin unseres Landes in aller Not und Kriegsgefahr verehrt wurde und weiter hier ganz besonders voll Vertrauen und mit tiefer Fršmmigkeit verehrt werden soll.

Der Papst will die Plain-Pilger durch die Erhebung der Wallfahrtskirche zur Basilika eindringlich daran erinnern, dass wir alle, die wir uns als Kinder Mariens fŸhlen, ein auserwŠhltes Geschlecht, ein kšnigliches Priestertum sind.

Wie richtig diese meine Behauptung ist, mšchte ich euch, liebe GlŠubige, am Namen Basilika klar machen.

Das Wort Basilika kommt aus der griechischen Sprache und zwar vom griechischen Wort basileus=der Kšnig. Basilika, zu ergŠnzen wŠre basilik stoˆ bedeutet ursprŸnglich eine ãkšnigliche HalleÒ; bei den Ršmern im Altertum verstand man darunter ein GebŠude, das als kšniglich-kaiserliche Markt- und Gerichtshalle diente. Nach der staatlichen Anerkennung des Christentums am Schluss der furchtbaren, 300 Jahre wŠhrenden Verfolgung ging der Name Basilika auf die christlichen GotteshŠuser Ÿber; es entwickelte sich da ein eigener Basilika-Baustil. Vom Gotteshaus aus Stein gebaut ging der Name teilweise auch noch Ÿber auf die im Gotteshaus versammelte Gemeinschaft de Kirche. Auch die Christengemeinde wurde Basilika genannt. Wir haben da eine Šhnliche Wortgeschichte vor uns wie in unserem deutschen Wort Kirche. Das stammt auch aus dem Griechischen. Es steckt das Wort Kyrios, der Herr darin: Oikos Kyriak, das dem Herrn gehšrige Haus, das Herrenhaus, worunter man eben das Gotteshaus verstand, dann aber die im Gotteshaus versammelte Gemeinde, die Kirche als Gemeinschaft. So Šhnlich war es in manchen Sprachen mit dem Wort Basilika: Das Wort, das fŸr die kšnigliche Halle des Gotteshauses verwendet wurde, wurde in manchen Sprachen schlie§lich auch zum Ausdruck fŸr die versammelte Christengemeinde, fŸr die Kirche aus lebendigen Steinen aufgebaut. So ist da rŠtoromanische ãbaselgiaÒ, das rumŠnische ãbisericaÒ, das albanische Wort ãbijeskaÒ fŸr ãKircheÒ im Sinn der christlichen Gemeinschaft von Basilika abzuleiten.

Vielleicht scheinen manchen diese wortgeschichtlichen Bemerkungen Ÿber den Titel in einer Festpredigt ŸberflŸssig und wertlos. Ich aber meine, dass uns das Wort Basilika in dieser seiner Geschichte gar manches zu sagen hat.

  1. FŸrs erste eben dies, dass jener, dem jedes christliche Gotteshaus geweiht ist, im wahrsten Sinn ein basileus, ein Kšnig, ja der Kšnig der Kšnige, Jesus Christus ist. Er hat in jedem Gotteshaus seinen Thron aufgeschlagen und wohnt wahrhaftig, leibhaftig hier, um hier seine Gnaden auszuspenden, um hier Audienz zu geben, um hier sein mildes, gŸtiges, gnadenvolles Gericht gšttlicher Barmherzigkeit Ÿber uns SŸnder zu halten. Wo aber Christkšnig ist und sein Thron steht, da steht gleichsam auch der Thron Mariens. Einst lie§ der Kšnig Salomon neben seinem Throne noch einen Thron fŸr seine Mutter Bathseba aufstellen und sagte zu ihr: ãStelle eine Bitte, Mutter, denn es geziemt sich nicht, dass ich mein Angesicht von dir wegwende!Ò Auch Christus hat seiner Mutter neben seinem Thron einen Thron errichtet und will alle Bitten der Mutter erfŸllen. Besser als Salomon kann ja Jesus Christus, der allmŠchtige Gottessohn und dankbare Sohn Mariens, all die WŸnsche seiner Mutter erfŸllen. Er tut es gerne, besonders gerne dort, wo die Mutter in einem Bilde von den GlŠubigen innig verehrt und angerufen wird. Das ist eben in den Gnaden- und WallfahrtsstŠtten vor allem der Fall. Hier teilt Christ-Kšnig und Maria, seine kšnigliche Mutter, in wahrhaft kšniglicher Freigebigkeit kšnigliche Geschenke aus: Gnade und Segen, Trost und Frieden.

Ja, das will uns als erstes gesagt werden, wenn der Papst nun dieser Marien-Wallfahrtskirche den Titel einer Basilika gegeben hat: Hier, in dieser kšniglichen Halle des schšnen Gotteshauses thront Christkšnig in sakramentaler Wirklichkeit unter uns. Maria aber hat im Bilde, im Gnadenbilde neben Christus ihren Thron aufgeschlagen und darf uns als Kšnigin-Mutter, als mŠchtige FŸrsprecherin am Throne Gottes, als Vermittlerin aller Gnaden Segen in FŸlle und Gnade in Ÿberreichem Ma§e zukommen lassen, wenn wir sie nur in tiefem Glauben und Vertrauen anrufen.

Maria ist eine Kšnigin, sie stammt aus kšniglichem Geschlechte. Die Hl. Schrift spricht von 23 Kšnigen in der Ahnengalerie Mariens. Aus ihr aber ist geboren worden der Kšnig der Kšnige, der menschgewordene Sohn Gottes, hochgelobt in Ewigkeit.

Maria ist eine Kšnigin ob ihrer MuttergotteswŸrde und ob ihrer wahrhaft kšniglichen Gnaden- und TugendfŸlle: Unbefleckt empfangen, gnadenvoll, Jungfrau der Jungfrauen, Mutter der Gnade, Mutter des Sohnes Gottes, sŸndenlos und makelrein. Keine Kšnigin hat solch herrliche Diademe um die Stirne gewunden, wie sie, die Hohe Frau, die da von der Sonne umkleidet, den Mond zu ihren FŸ§en und einen Kranz von 12 Sternen um ihr Haupt gewunden hat, wie Johannes sie schaute im Sonnenwunder von Patmos.

Wenn wir uns nun aber als Kinder Mariens wissen, wir, die Erlšsten, die der Gottmensch am Kreuze erlšst hat unter Mithilfe der Schmerzensmutter Maria, dann kšnnen wir wahrlich sagen, dass wir ein auserwŠhltes Geschlecht, eine kšnigliche Priesterschaft sind. Wir sollten uns nur dieser unserer hohen WŸrde auch immer bewusst sein. Und das wŠre eben das Zweite, was uns das Wort Basilika sagen mšchte:

  1. Wenn das Wort Basilika nicht blo§ fŸr die Kirche aus Stein gilt, in welcher der Thron Christkšnigs und seiner kšnigin-Mutter Maria steht, sondern auch fŸr die im Gotteshaus versammelte Gemeinde der Christen gilt, dann mŸssen wir fŸr uns alle aus dem Wort Basilika die Mahnung herausklingen hšren, dass wir in der Nachfolge und Nachahmung Christi des Kšnigs und seiner kšniglichen Mutter Maria ebenfalls kšniglich gesinnt sein sollten in Wort und Tat und Haltung!

Es ist das eben die Mahnung, wie sie schon der erste Papst gegeben hat, wenn es da im 1 Petr 2,4-9 hei§t: ãSchlie§t euch an Christus an, den lebendigen Stein, der von den Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwŠhlt und in Ehren ist. Lasst euch als lebendige Bausteine aufbauen zu einem geistigen Tempelbau, zu einem heiligen Priestertum, um durch Jesus Christus geistige, gottwohlgefŠllige Opfer darzubringen. Ihr seid ein auserwŠhltes Geschlecht, ein kšnigliches Priestertum!Ò (basileion hier‡teuma).

a)    Kšniglich gesinnt sein wie Christus und Maria, darum nicht kleinlich und kleinmŸtig verzagt sein, wenn Kreuz und Leid daherkommt. Denkt an die Schmerzensmutter, die aufrecht unter dem Kreuze stand. Stabat Mater! Holt euch in solchen Stunden Kraft und Gnade bei Christkšnig in der  Erneuerung seines Kreuzesopfers und holt euch in solchen stunden Kraft und Gnade im Gebet zu Maria, der Vermittlerin aller Gnaden.

b)    Kšniglich gesinnt sein und nicht kleinlich gesinnt in Versunkenheit ins Irdische, ins vergŠngliche, ins Materielle, ins Niedrige, in Lust und Leidenschaft! Denkt wieder an Maria, die Immaculata! Sie muss das Ideal, das kšnigliche Ideal sein, das aufwŠrtszieht: Sursum corda et corpora, weil wir doch alle mit Seele und Leib Tempel Gottes, Tempel des Hl. Geistes sind.

c)    Kšniglich gesinnt sein, nicht blo§ in der persšnlichen Haltung, sondern auch im Familienleben und in der Gemeinschaft: Lasst das kšnigliche Gebot der Liebe walten, so gehšrt es sich fŸr Kinder Mariens, der Mutter der schšnen Leibe, so gehšrt es sich fŸr BŸrger im Reiche Christkšnigs, der gesagt hat: Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebet wie ich euch geliebt habe!

d)    Kšniglich gesinnt sein, mehr bedacht sein auf seine WŸrde, auf seinen inneren Wert! Dazu werden wir bei dieser Basilika-Erhebung gemahnt. Jeder Christ, jede christliche Familie eine Basilika im kleinen, denn es gilt, es stimmt: Jeder Mensch im Stand der Gnade, jeder Christ, der Glied, lebendiges Glied am geheimnisvollen Leib ist, dessen Haupt Christus, dessen Herz Maria ist, der kann von sich sagen: Wir sind ein auserwŠhltes Geschlecht, ein kšnigliches Priestertum!

e)    Bleiben wir uns dieser WŸrde und dieses Wertes bewusst und leben wir danach als ganze Christen in treuer Nachfolge Christi, in inniger Verehrung und Nachahmung Mariens im Dienste des Kšnigs und im Dienste der Kšnigin. Lassen wir dies jetzt beim hl. Opfer als unsere Bitten emporsteigen durch diese kšniglichen Hallen hinauf zum Throne Gottes: Herz, Jesu, sei du der Kšnig und Mittelpunkt unserer Herzen und Familien! Und du, Kšnigin des Himmels und der Erde, deinem unbefleckten Herzen weihen wir uns voll Vertrauen, voll Zuversicht und mit dem festen Willen, kšniglich gesinnt zu sein in Glaube, in Reinheit, in Liebe, Amen!